Erstattungsanspruch als insolvenzfreies Vermögen

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Wird eine selbständige Tätigkeit gemäß § 35 Abs. 2 InsO aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben, ist ein Einkommensteuererstattungsanspruch, der auf Vorauszahlungen beruht, die erst nach der Freigabe festgesetzt und allein nach den zu erwartenden Einkünften aus der freigegebenen Tätigkeit berechnet worden sind, nicht i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Insolvenzmasse geschuldet (vgl. auch Senatsbeschluss vom 6.3.2014 – VII S 47/13 (PKH)). Darüber hinaus ist ein Einkommensteuererstattungsanspruch auch dann nicht der Insolvenzmasse geschuldet, wenn er auf Vorauszahlungen beruht, die nach der Freigabe aus Mitteln geleistet worden sind, die zum freigegebenen Vermögen gehören (BFH, Urteil v. 26.11.2014 – VII R 32/13; veröffentlicht am 25.2.2015).

Hintergrund: Nach § 35 Abs. 2 InsO hat der Insolvenzverwalter gegenüber einem selbständig Tätigen zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.

Sachverhalt: Streitig ist, ob Einkommensteuererstattungsansprüche, die aus Überzahlung von Vorauszahlungen und für Einkünfte aus einer nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebenen selbständigen Tätigkeit entstehen, zur Insolvenzmasse gehören. Das FA hatte die Vorauszahlungen mit Insolvenzforderungen aufgerechnet, die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Das Gericht war der Auffassung, das Aufrechnungsverbot nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO stehe einer Aufrechnung entgegen. Der BFH dagegen wies die Klage ab.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die für den nachinsolvenzlichen Zeitraum erklärte Aufrechnung ist nicht durch ein besonderes insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot ausgeschlossen.
  • § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO, setzt voraus, dass der Insolvenzgläubiger etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist – diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
  • Der Senat hat entschieden, dass ein USt-Vergütungsanspruch, den der Insolvenzschuldner durch eine gemäß § 35 Abs. 2 InsO aus dem Insolvenzbeschlag freigegebene selbständige Tätigkeit erworben hat, nicht i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Insolvenzmasse geschuldet wird und das FA gegen diesen Anspruch mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden aufrechnen kann (u.a. BFH, Urteil v.  1.9.2010 – VII R 35/08).
  • Gleiches gilt für Einkommensteuererstattungsansprüche, die auf Vorauszahlungen beruhen, bei deren Berechnung nur die Einkünfte aus der freigegebenen Tätigkeit zu Grunde gelegt worden sind (BFH, Beschluss v. 6.3.2014 – VII S 47/13).
  • Dies ergibt sich aus der weiten Formulierung „Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit“ in § 35 Abs. 2 InsO, aus der sich entgegen der Auffassung des Klägers keine Beschränkung auf Betriebssteuern bzw. auf Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ableiten lässt.
  • Die Freigabe erstreckt sich vielmehr auf eine Gesamtheit von Gegenständen und Werten, die der freigegebenen Tätigkeit gewidmet sind bzw. die auf dieser Tätigkeit beruhen, d.h. infolge der freigegebenen Tätigkeit entstehen oder vereinnahmt werden.
  • Bei Einkommensteuererstattungsansprüchen sind diese Voraussetzungen jedenfalls dann erfüllt, wenn die zugrunde liegenden Einkommensteuervorauszahlungen erst nach der Freigabe festgesetzt und allein nach den zu erwartenden Einkünften aus der vom Insolvenzbeschlag befreiten Tätigkeit berechnet worden sind.
  • Darüber hinaus reicht es aus, wenn Vorauszahlungen nach der Freigabe aus Mitteln geleistet werden, die zum freigegebenen Vermögen gehören. In diesem Fall muss auch ein etwaiger Erstattungsanspruch wieder in das freigegebene Vermögen gelangen.
  • Denn Mittel, die einmal zum freigegebenen Vermögen gehört haben, können nicht nachträglich wieder der Insolvenzmasse zugeordnet werden.

Quelle: NWB Datenbank