Steuerfreiheit von Schönheitsoperationen

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Ästhetische Operationen und ästhetische Behandlungen sind nur dann als Heilbehandlung steuerfrei, wenn sie dazu dienen, Personen zu behandeln oder zu heilen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist. Bei Überprüfung der Umsatzsteuerfreiheit von Heilbehandlungsleistungen ist es zum Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient erforderlich, das für richterliche Überzeugungsbildung gebotene Regelbeweismaß auf eine „größtmögliche Wahrscheinlichkeit“ zu verringern. Zugleich hat der Steuerpflichtige im gesteigerten Maß den ihn nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO treffenden Mitwirkungspflichten nachzukommen (BFH, Urteil v. 4.12.2014 – V R 16/12; veröffentlicht am 18.2.2015).

Sachverhalt: Die Klägerin betreibt eine Klinik, in der sie im Streitjahr 2002 durch approbierte Ärzte vorwiegend ästhetisch-chirurgische Maßnahmen wie Fettabsaugungen, Gesichts-, Hals- und Augenlid-Straffungen sowie Brustvergrößerungen, -verkleinerungen und -straffungen durchführte. Sie ging davon aus, dass ihre Leistungen im Zusammenhang mit diesen Operationen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei seien. Das FA ging dagegen von steuerpflichtigen Umsätzen aus. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das FG zurück.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Für den Bereich der sog. Schönheitsoperationen hat der EuGH seine Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass „ästhetische Operationen und ästhetische Behandlungen … unter den Begriff „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ [fallen] …, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.
  • Die Leistungen müssen „dazu dienen, Personen zu behandeln oder zu heilen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist“ (EuGH, Urteil v. 21.3.2013 – C-91/12 PFC Clinic“)
  • Nichts anderes ergibt sich aus der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
  • Im Bereich der ästhetisch-chirurgischen Maßnahmen kommt es daher auf eine Einzelprüfung an.
  • Diese ist entgegen dem Urteil des FG der ersten Instanz unter größtmöglicher Wahrung des zwischen Arzt und Patient bestehenden Vertrauensverhältnisses und damit auf der Grundlage anonymisierter Patientenunterlagen vorzunehmen.
  • Daher kommt es für die im finanzgerichtlichen Verfahren erforderliche Beweiserhebung entgegen dem Urteil des FG nicht auf Einwilligungserklärungen der Patienten zur Vermeidung einer unbefugten Geheimnisoffenbarung i.S. von § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB an.

Hinweis: Der BFH betont auch die den Steuerpflichtigen (Klinik oder Arzt) treffenden Mitwirkungspflichten. Dieser muss – auf anonymisierter Grundlage – detaillierte Angaben zu dem mit dem jeweiligen Behandlungsfall verfolgten therapeutischen oder prophylaktischen Ziel machen.

Anmerkung: Mit einem weiteren Urteil vom gleichen Tag hat der V. Senat ebenfalls zur Steuerfreiheit von Schönheitsoperationen entschieden (V R 33/12). Hier wies das Gericht die Klage unter Anwendung der o.g. Grundsätze ab.

Quelle: NWB Datenbank sowie BFH, Pressemitteilung v. 18.2.2015