Was ändert sich im Steuerrecht im Jahr 2015?
Zu Beginn des Jahres 2015 treten eine Reihe von steuerlichen Änderungen in Kraft. Eine Übersicht mit den wesentlichen Neuregelungen hat aktuell das BMF auf seinen Internetseiten veröffentlicht.
Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Um Beschäftigten, die nach der Elternzeit wieder in den Beruf zurückkehren, den Wiedereinstieg problemloser zu ermöglichen oder Arbeitnehmern, die pflegebedürftige Angehörige betreuen, entsprechend zu unterstützen, erhält der Arbeitgeber die Möglichkeit, seinen Arbeitnehmern steuerfreie Serviceleistungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie anzubieten. Dies sind insbesondere die Beratung und Vermittlung von Betreuungsleistungen für Kinder und pflegebedürftige Angehörige.
Zudem kann der Arbeitgeber ganz bestimmte Betreuungsleistungen, die kurzfristig aus zwingenden beruflich veranlassten Gründen entstehen, bis zu einem Betrag von 600 Euro im Kalenderjahr steuerfrei ersetzen. Voraussetzung ist, dass es sich um eine zusätzliche, außergewöhnliche – also außerhalb der regelmäßig üblicherweise erforderlichen – Betreuung handelt, die zum Beispiel durch dienstlich veranlasste Fortbildungsmaßnahmen des Arbeitnehmers oder eines zwingenden beruflichen Einsatzes zu außergewöhnlichen Dienstzeiten bzw. bei Krankheit eines Kindes oder eines pflegebedürftigen Angehörigen notwendig werden. Erstmalig sind damit auch Betreuungskosten in eng umgrenzten Rahmen steuerlich begünstigt, wenn sie im Privathaushalt des Arbeitnehmers anfallen.
Steuerliche Absetzbarkeit der Erstausbildung
Die erstmalige Berufsausbildung wird gesetzlich definiert und es werden gewisse Mindestanforderungen festgelegt. Der Begriff der Erstausbildung war bis 2013 durch die Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt. Ein Urteil des Bundesfinanzhofes von Anfang 2013 erschwerte eine sinnvolle Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitausbildung. Nach der ab 2015 geltenden Neuregelung muss zum einen eine Berufsausbildung als Erstausbildung, sofern in Vollzeit durchgeführt, einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten umfassen. „Vollzeit“ heißt hierbei eine Dauer von durchschnittlich mindestens 20 Stunden wöchentlich. Zum anderen muss die Ausbildung abgeschlossen werden. Ein Abschluss erfolgt in der Regel durch eine bestandene Abschlussprüfung. Ist eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen. Keine erste Berufsausbildung sind beispielsweise Kurse zur Berufsorientierung oder -vorbereitung, Kurse zur Erlangung von Fahrerlaubnissen, Betriebspraktika, Anlerntätigkeiten oder die Grundausbildung bei der Bundeswehr.
Betriebsveranstaltungen
Der Bundesfinanzhof hat mit seiner neueren Rechtsprechung zur Besteuerung von geldwerten Vorteilen, die Arbeitnehmern im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gewährt werden, die seit langer Zeit bestehenden und anerkannten Verwaltungsgrundsätze zum Teil abgelehnt. Dies hat zu einer unklaren und komplizierten Rechtslage geführt. Deshalb wird die Besteuerung dieser Vorteile nun gesetzlich festgeschrieben. Die Neuregelung knüpft an die Bestimmungen der Lohnsteuer-Richtlinien an. Dabei wird die bisherige Freigrenze von 110 Euro in einen Freibetrag umgewandelt und alle Aufwendungen, auch die „Kosten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung (z. B. Fremdkosten für Saalmiete und „Eventmanager“), in die Berechnung einbezogen. Entsprechend den bisherigen Verwaltungsgrundsätzen werden die geldwerten Vorteile, die Begleitpersonen des Arbeitnehmers gewährt werden, dem Arbeitnehmer als geldwerter Vorteil zugerechnet.
Eine begünstigte Betriebsveranstaltung liegt dann vor, wenn sie allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils grundsätzlich offensteht.
Selbstanzeige
Die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige und die Regelungen für das Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen werden zum 1. Januar 2015 deutlich verschärft. Ziel ist es, Steuerhinterziehung konsequent zu bekämpfen. Die Berichtigungspflicht erstreckt sich künftig in allen Fällen der Steuerhinterziehung auf einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Bisher war der Steuerpflichtige bei einfacher Steuerhinterziehung nur verpflichtet, für den Zeitraum der Verfolgungsverjährung von fünf Jahren nachzuerklären. Die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung ist künftig nur noch bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 25.000 Euro möglich (bisher 50.000 Euro). Ab diesem Hinterziehungsbetrag und in den besonders schweren Fällen einer Steuerhinterziehung wird nur noch bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages von der Strafverfolgung abgesehen. Hinsichtlich der besonderen Problematik der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Lohnsteueranmeldungen wurden gesetzliche Klarstellungen zur Beseitigung bestehender und praktischer Verwerfungen geschaffen, die im Interesse der Rechtssicherheit erforderlich sind.
Versorgungsausgleich
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach einer Ehescheidung bzw. der Auflösung einer Lebenspartnerschaft sind ab 2015 als Sonderausgaben abzugsfähig. Im Gegenzug erfolgt eine Versteuerung beim Empfänger.
Basisversorgung im Alter
Ab 2015 wird das Abzugsvolumen für eine Basisversorgung im Alter von 20.000 Euro (bei Zusammenveranlagung 40.000 Euro) auf den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung bzw. für Zusammenveranlagte auf den doppelten Betrag angehoben. Dies bedeutet, dass sich 2015 ein Abzugsvolumen von 22.172 Euro ergibt. Steigt zukünftig der Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung erhöht sich automatisch auch das Abzugsvolumen für eine Basisversorgung im Alter.
Hörbücher
Die Umsatzsteuer für Hörbücher wird von 19% auf 7% gesenkt.
Mini-One-Stop-Shop
Ab 2015 liegt der Leistungsort bei Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen an Nichtunternehmer in dem Staat, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Diese Ortsbestimmung galt schon für bereits auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen, die von im Drittland ansässigen Unternehmern an Nichtunternehmer in der EU erbracht werden. Damit erfolgt die Umsatzbesteuerung dieser Leistungen künftig einheitlich nicht mehr in dem Staat, in dem der leistende Unternehmer ansässig ist, sondern am Verbrauchsort. Als Folge hiervon müssen sich Unternehmer entweder in den EU-Mitgliedstaaten, in denen sie die genannten Leistungen ausführen, umsatzsteuerlich erfassen lassen und dort ihren Melde- und Erklärungspflichten nachkommen oder die Vereinfachungsmöglichkeit durch die Sonderregelung „Mini-One-Stop-Shop“ in Anspruch nehmen.
Die Sonderregelung des Mini-One-Stop-Shop ermöglicht es auch den in Deutschland ansässigen Unternehmern, ihre in den übrigen EU-Mitgliedstaaten ausgeführten Umsätze, die unter die Sonderregelung fallen, in einer besonderen Steuererklärung zu erklären, diese Steuererklärung zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf elektronischem Weg zu übermitteln und die sich ergebende Steuer insgesamt zu entrichten. Diese Regelung gilt allerdings nur für die Umsätze in anderen EU-Mitgliedstaaten, in denen der Unternehmer keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte hat.
Umsatzsteuerbefreiungen
Eingliederungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch III und vergleichbare Leistungen sind von der Umsatzsteuer befreit, sofern sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Umsatzsteuerfrei ist auch die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen insbesondere für Zwecke der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Heilbehandlungen in Krankenanstalten, der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung, der Erziehung, des Schul- und Hochschulunterrichts sowie der Aus- und Fortbildung und für Zwecke geistigen Beistands. Von der Umsatzsteuer nunmehr vollständig befreit werden zudem Dialyseleistungen.
Schnellreaktionsmechanismus
Zur kurzfristigen Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei einer Mehrzahl von Fällen des Verdachts auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall und zur raschen Verhinderung von Steuerausfällen wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Umfang der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unter bestimmten Voraussetzungen (zunächst) zeitlich beschränkt zu erweitern (sog. Schnellreaktionsmechanismus). Wird festgestellt, dass für bestimmte Umsätze in Deutschland konkrete Hinweise vorliegen, die den Verdacht für erhebliche Steuerhinterziehungen rechtfertigen oder bereits Informationen über verwirklichte Steuerhinterziehungen in Deutschland vorliegen, kann dadurch kurzfristig gesetzgeberisch reagiert werden.
Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer
Ab 2015 ist es nicht mehr erforderlich, einen Antrag auf Einbehalt von Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge zu stellen. Der Einbehalt für und die Weiterleitung an die steuererhebende Religionsgemeinschaft erfolgt künftig automatisch. „Automatisch“ bedeutet, dass die Mitglieder einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nichts weiter veranlassen müssen, um ihren kirchensteuerrechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer nachzukommen. Dem automatisierten Datenabruf der Religionszugehörigkeit kann schriftlich beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) widersprochen werden (sog. Sperrvermerk). Dem Widerspruch folgt die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung zwecks Festsetzung der Kirchensteuer im Finanzamt.
Quelle: BMF online v. 19.12.2014