Vorlage der Originalrechnung als Voraussetzung des Antrages auf Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 UStG
Leitsatz:
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Die Antragsfrist des § 18 Abs. 9 UStG ist eine Ausschlussfrist, die nur durch einen vollständigen, dem amtlichen Muster in allen Einzelheiten entsprechenden Antrag gewahrt wird, wobei dem Antrag die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original beizufügen sind.
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Das Verlangen nach Vorlage der Originalrechnung mit dem Vergütungsantrag kann unverhältnismäßig sein, wenn das Unvermögen des Antragstellers zur fristgerechten Vorlage der Originalrechnung vom Antragsteller nicht zu vertreten ist.
Tatbestand:
I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Sport-Marketing.
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Die Klägerin beantragte am 23. November 2006 die Vergütung von Vorsteuererträgen in Höhe von 2.818.573,51 € im Rahmen des besonderen Vorsteuervergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr (2006) geltenden Fassung (UStG) i.V.m. §§ 59 bis 61 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Vergütungszeitraum Juli bis September 2006. Am 29. Juni 2007 reichte die Klägerin für diesen Zeitraum einen weiteren Antrag auf Vorsteuervergütung in Höhe von 271.641,60 € ein. Mit den Anträgen wurde u.a. eine Rechnungsfotokopie des B vom 13. September 2006 (Vorsteuern in Höhe von 254.096 €) eingereicht. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Bundeszentralamt für Steuern –BZSt–) fasste die beiden Anträge zu einem Antrag zusammen.
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Mit Bescheid vom 23. November 2007 versagte das BZSt die Vorsteuervergütung u.a. aus der Rechnung des B vom 13. September 2006 mangels Vorlage der Originalrechnung.
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Mit ihrer Klageschrift vom 15. Dezember 2008 erhob die Klägerin Klage und reichte die Originalrechnung des B nach. Im Klageverfahren trug der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009 vor, die Originalrechnung sei nie abhanden gekommen. Alle Buchhaltungsunterlagen der Klägerin seien im April 2007 an das Treuhandbüro der Klägerin versandt worden. Bis zum Ablauf der Antragsfrist am 30. Juni 2007 sei die Originalrechnung nicht auffindbar gewesen, weil die Buchhaltungsunterlagen in mehreren Kartons abgelegt gewesen seien. Erst im Dezember 2008 habe eine Mitarbeiterin die Rechnung zufällig in einem Ordner gefunden.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage wegen der Versagung der Vorsteuervergütung aus der Rechnung des B ab. Zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1892 veröffentlichten Urteils führte das FG im Wesentlichen aus, da die Klägerin innerhalb der bis 30. Juni 2007 laufenden Frist des § 18 Abs. 9 UStG nicht die Originalrechnung vorgelegt habe, sei ihr die beantragte Vorsteuervergütung zu versagen. Zwar sei § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG für den Fall des Verlustes der Originalrechnung dahingehend einschränkend auszulegen, dass für den Fall des vom Unternehmer nicht zu vertretenden Verlustes der Originalrechnung die Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung oder einer Bestätigung des Rechnungsausstellers zu der Rechnungskopie innerhalb der Antragsfrist ausreiche. Die Vorlage einer einfachen Kopie, wie sie von der Klägerin vorgelegt worden sei, reiche aber nicht aus.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensfehler geltend macht. Aus § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG ergebe sich lediglich, dass die Vorsteuerbeträge u.a. durch Vorlage der Originalrechnungen nachzuweisen seien, nicht aber, dass dies bereits mit Antragstellung erfolgen müsse. Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 11. Juni 1998 C-361/96 Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises (Slg. 1998, I-3495) folge, dass der Steuerpflichtige auch im Vergütungsverfahren die Möglichkeit habe, den Nachweis durch Vorlage einer Rechnungskopie zu führen. Ihr, der Klägerin, müsse ebenso wie einem inländischen Unternehmer die Möglichkeit eröffnet werden, den Nachweis der Berechtigung zum Vorsteuerabzug mit allen zulässigen Beweismitteln zu führen. Hierzu gehöre auch eine Rechnungskopie. Die Versagung dieser Möglichkeit führe zu einem Verstoß sowohl gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch gegen den Neutralitätsgrundsatz. Außerdem sei die Originalrechnung, wie es das FG für seine Forderung nach Vorlage einer Zweitschrift zugrunde lege, nicht abhanden gekommen. Die Originalrechnung sei nur zeitweise nicht auffindbar gewesen. Die Versagung des Vorsteuerabzugs sei im Übrigen vorliegend auch nicht zur Verhinderung einer Steuerhinterziehung erforderlich.
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Das FG habe mit seinem Urteil auch gegen Verfahrensrecht verstoßen, weil es den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt habe, indem es seine Rechtsauffassung, wonach zum Nachweis der Berechtigung zum Vorsteuerabzug die Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung zwingend erforderlich sei, den Beteiligten erst kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe. Hierin liege eine unzulässige Überraschungsentscheidung.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von 254.096 € abgelehnt worden ist und den Bescheid über die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum Juli bis September 2006 vom 23. November 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 13. November 2008 dahingehend zu ändern, dass eine weitere Vergütung von Vorsteuern in Höhe von 254.096 € festgesetzt wird.
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Das BZSt beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Es macht sich im Wesentlichen die Ausführungen in den Gründen des FG-Urteils zu eigen.
Gründe:
II.
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Klägerin keinen zur Vorsteuervergütung berechtigenden Antrag nach § 18 Abs. 9 UStG gestellt hat, weil sie mit dem Antrag nicht das Original der Rechnung, aus der sie den Vorsteuerabzug geltend macht, sondern nur eine Kopie vorgelegt hat; die spätere Vorlage der Originalrechnung im Klageverfahren heilt dieses Versäumnis nicht.
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1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 UStG und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Der Vergütungsantrag ist gemäß § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Der Unternehmer hat die Vergütung selbst zu berechnen und die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG).
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a) Bei der Antragsfrist des § 18 Abs. 9 UStG handelt es sich um eine Ausschlussfrist (EuGH-Urteil vom 21. Juni 2012 C-294/11, Elsacom, BStBl II 2012, 942; Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 8. August 2013 V R 3/11, BFHE 242, 535, BStBl II 2014, 46). Sie wird nur durch einen vollständigen, dem amtlichen Muster in allen Einzelheiten entsprechenden Antrag gewahrt (BFH-Beschluss vom 9. Januar 2014 XI B 11/13, BFH/NV 2014, 915). Aus der gesetzessystematischen Stellung des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG zwischen § 18 Abs. 9 Sätze 3 und 5 UStG, in denen ausdrücklich der Vergütungsantrag genannt ist, ergibt sich, dass bereits mit dem Vergütungsantrag die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original beizufügen sind (BFH-Urteil vom 18. Januar 2007 V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430, m.w.N.). Hieran hält der Senat fest. Im vorliegenden Fall konnte weder der fristgerechte Antrag unter Beifügung nur einer Kopie der Originalrechnung noch die Vorlage der Originalrechnung mit Klageerhebung nach Ablauf der Frist des § 18 Abs. 9 UStG einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen.
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b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Ob und ggf. in welchem Umfang sich die im Drittlandsgebiet ansässige Klägerin auf für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige geltende unionsrechtliche Grundsätze berufen kann, ist fraglich. Denn die dem Anwendungsbereich der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 86/560/EWG) unterliegenden Unternehmer in Drittländern können anders behandelt werden als die dem Anwendungsbereich der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 79/1072/EWG) unterliegenden Unternehmer im Unionsgebiet. Eine Ungleichbehandlung verstößt insoweit nicht gegen das Verbot der Diskriminierung nach Art. 12 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft –EGV– (Art. 18 Arbeitsweise der Europäischen Union), weil das Diskriminierungsverbot keine Anwendung im Falle einer Ungleichbehandlung zwischen Angehörigen der Mitgliedstaaten und Drittstaatsangehörigen findet (EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 C-22/08 und C-23/08, Vatsouras Koupatantze, Slg. 2009, I-4585, Rz 52; BFH-Urteil in BFHE 242, 535, BStBl II 2014, 46).
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c) Der Senat braucht diese Frage aber nicht zu beantworten, weil sich im vorliegenden Sachverhalt auch für einen im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen kein Vergütungsanspruch ergeben würde.
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aa) Aus dem EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495 folgt, dass ein nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger einem Erstattungsantrag grundsätzlich die Originalrechnungen und Originaleinfuhrdokumente beizufügen hat, aus denen sich die Umsatzsteuerbeträge ergeben, deren Erstattung beantragt wird (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495 Rz 26). Dabei muss aber das abgeleitete Recht die allgemeinen Rechtsgrundsätze und vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (EuGH-Urteile Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 30; vom 5. Juli 1977 Rs. C-114/76, Bela-Mühle, Slg. 1977, 1211, Rz 5 bis 7). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen nicht über das zur Erreichung ihres Zieles Erforderliche hinausgehen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18. Dezember 1997 C-286/94, Molenheide u.a., Slg. 1997, I-7281, Rz 48; BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 36/08, BFH/NV 2011, 316). Das Erfordernis der Vorlage der Originalrechnung ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich berechtigt, weil es das einzige Mittel darstellt, um eine Mehrfachvergütung der Umsatzsteuer mit Sicherheit auszuschließen und die Anerkennung von Zweitschriften oder Kopien das Risiko von Mehrfachvergütungen birgt.
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(1) Allerdings folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige geltende Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/EWG dahin auszulegen ist, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, in seinem innerstaatlichen Recht die Möglichkeit vorzusehen, dass ein nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger bei von ihm nicht zu vertretendem Abhandenkommen einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments den Nachweis seines Erstattungsanspruchs durch Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung oder des fraglichen Einfuhrdokuments führt, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Erstattungsanträge gestellt werden (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 29 und 31).
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(2) Des Weiteren folgt aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 6 EGV, dass ein Mitgliedstaat der EU, der –wie die Bundesrepublik Deutschland– den in seinem Staatsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt, bei von ihnen nicht zu vertretendem Abhandenkommen der Originalrechnung den Nachweis ihres Anspruchs auf Erstattung der Umsatzsteuer durch Vorlage einer Zweitschrift oder einer Ablichtung der Rechnung zu führen, diese Möglichkeit auch nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen einräumen muss, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang zweifelsfrei stattgefunden hat, das Abhandenkommen der Rechnung oder des Einfuhrdokuments vom Steuerpflichtigen nicht zu vertreten ist und in Anbetracht der Umstände feststeht, dass die Gefahr weiterer Erstattungsanträge nicht gegeben ist (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 36).
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bb) Es liegt weder ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot vor.
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(1) Ein Verzicht auf die Vorlage der Originalrechnung kommt sowohl unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als auch unter dem des Diskriminierungsverbotes nur in Betracht, wenn das Abhandenkommen der Rechnung oder des Einfuhrdokuments vom Steuerpflichtigen nicht zu vertreten ist (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 29 und 36). Das Unvermögen der Klägerin, die Originalrechnung innerhalb der Frist des § 18 Abs. 9 UStG vorzulegen, beruht aber auf einem von ihr zu vertretenden Organisationsverschulden. Die Klägerin hat es versäumt, ihre Belegverwaltung so zu organisieren, dass ihr ein jederzeitiger Zugriff auf Eingangsrechnungen möglich war. Dass der Verbleib der Rechnung des B vom 13. September 2006 im Zuge eines Umzuges zwischenzeitlich über einen längeren Zeitraum unklar war, liegt im Verantwortungsbereich der Klägerin.
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(2) Bei der Versäumung von Ausschlussfristen wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im deutschen Recht darüber hinaus durch die verfahrensrechtlichen Regelungen in §§ 109, 110 der Abgabenordnung (AO) Rechnung getragen. Gemäß § 109 Abs. 1 AO können Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen und Fristen, die von einer Finanzbehörde gesetzt sind, verlängert werden und nach § 110 Abs. 1 AO ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
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Die Möglichkeiten, die das Verfahrensrecht durch §§ 109, 110 AO eröffnet, reichen aus, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in außergewöhnlichen Fällen der Fristversäumnis zu entsprechen. Die Klägerin hat von diesen Möglichkeiten aber keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere hat sie innerhalb der Fristen von § 110 Abs. 2 und 3 AO keinen Antrag auf Fristverlängerung gestellt. Im Übrigen ist sie aus den unter II.1.c bb genannten Gründen auch nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die Frist des § 18 Abs. 9 UStG einzuhalten.
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d) Es liegt auch kein Verstoß gegen sonstige unionsrechtliche Grundsätze, den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), gegen Art. 2 Abs. 2 des General Agreement on Trade in Services (GATS; BGBl II 1994, 1643), gegen Art. 25 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und Vermögen vom 19. Januar 1973 (BGBl II 1973, 74) oder gegen Art. 11 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Nachlass- und Erbschaftsteuern (BGBl II 1980, 1341, BStBl I 1980, 786) vor. Der Senat verweist insoweit auf seine Urteile in BFHE 242, 535,BStBl II 2014, 46, sowie in BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430.
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2. Die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) durch Erlass einer Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Eine Überraschungsentscheidung kann gegeben sein, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (z.B. BFH-Beschluss vom 13. Juli 2012 IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635). Einer umfassenden Erörterung der für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte bedarf es dabei aber nicht (BFH-Beschluss vom 25. Mai 2000 VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235). Dadurch, dass das FG seine Rechtsansicht hinsichtlich der Notwendigkeit einer Rechnungszweitschrift erst kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung hat erkennen lassen, liegt schon deshalb keine Überraschungsentscheidung vor, weil es keine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne gibt, dass das Gericht seine mögliche Beurteilung andeuten müsste (BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 2014 III B 108/13, BFH/NV 2014, 706; vom 17. Oktober 2012 III B 68/12, BFH/NV 2013, 362). Im Übrigen haben gerade die Anforderungen an einen zum Vorsteuervergütungsanspruch führenden Antrag im Mittelpunkt des Rechtsstreits vor dem FG gestanden. Darin, dass das FG ohne vorherige Ankündigung nicht der Rechtsansicht der Klägerin gefolgt ist, ist keine Überraschungsentscheidung zu sehen.
Normen:
GG:3/1 GG:103/1 UStG:15 UStG:16 UStG:18/1 UStG:18/2 UStG:18/3 UStG:18/4 UStG:18/9 AO:109 AO:110 FGO:96/2 EGV:6 EGV:12 EWGRichtl-79/1072:3