Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen
Die Finanzverwaltung steht Darlehensvereinbarungen unter nahen Angehörigen oft argwöhnisch gegenüber, weil sie in der Praxis ein beliebtes Instrument der Einkommensverlagerung, vorallem von Eltern auf ihre Kinder, sind.
Einkommensverlagerungen sind dann in Ordnung, wenn z. B. Darlehenszinsen beim Schuldner (Eltern bzw. ein Elternteil) als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind. Die Kinder müssen zwar die ihnen gutgebrachten Darlehenszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern. Der zu berücksichtigende Sparer-Pauschbetrag und Tarifvorteile führen aber häufig zu nicht unerheblichen Steuerersparnissen oder sogar zu keiner Steuerbelastung.
Der Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2013, XR 26/11) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Sohn eine Bäckerei betrieb und von seinem Vater umfangreiches Betriebsinventar erwarb. In Höhe des Kaufpreises gewährte der Vater dem Sohn ein verzinsliches Darlehen; diese Forderung trat der Vater sogleich an seine Enkel, die seinerzeit minderjährigen Kinder des Sohnes, ab. Nach dem Darlehensvertrag sollten die jährlichen Zinsen dem Darlehenskapital zugeschrieben werden. Der Vertrag konnte von beiden Parteien ganz oder teilweise mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Das Finanzamt erkannte die Zinsaufwendungen nicht als Betriebsausgaben an. Das Finanzgericht bestätigte diese Auffassung mit der Begründung, die Vereinbarungen über das Stehenlassen der Zinsen, die kurzfristige Kündigungsmöglichkeit und das Fehlen von Sicherheiten seien nicht fremdüblich.
Dem ist der BFH nicht gefolgt: Grundsätzlich ist ein Fremdvergleich vorzunehmen, wenn die Darlehensmittel dem Darlehensgeber zuvor vom Darlehensnehmer geschenkt worden sind. Gleiches gilt, wenn in einem Rechtsverhältnis, für das die laufende Auszahlung der geschuldeten Vergütung charakteristisch ist, die tatsächliche Auszahlung durch eine Darlehensvereinbarung ersetzt wird. Die Bedeutung der Unüblichkeit einzelner Klauseln des Darlehensvertrags tritt dagegen zurück, wenn das Angehörigendarlehen der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern dient und die Darlehensaufnahme deshalb unmittelbar durch die Einkunftserzielung veranlasst ist. In diesen Fällen sind die tatsächliche Durchführung der Zinsvereinbarung und die fremdübliche Verteilung der Chancen und Risiken des Vertrags entscheidend.
Für den Fremdvergleich sind bei Darlehensverträgen zwischen Angehörigen nicht nur solche Vertragsgestaltungen zu berücksichtigen, die nicht nur dem Interesse des Schuldners an der Erlangung zusätzlicher Mittel außerhalb einer Bankfinanzierung dienen. Auch das Interesse des Gläubigers an einer gut verzinslichen Geldanlage ist zu berücksichtigen, und zwar nicht nur wie es zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich ist, sondern ergänzend auch Vereinbarungen aus dem Bereich der Geldanlagen.