NB Steuerberatung Nürnberg - Neugebauer & Binder Steuerberater GbR

In einer aktuellen Meldung äußert sich der Bund der Steuerzahler zum Monatsbericht des BMF.

Hierzu führt der BdSt weiter aus:

  • Die Deutschen zahlen so viel Steuern wie nie. Die Einnahmen des Fiskus aus der Lohn- und Einkommensteuer sind im Jahr 2014 kräftig gestiegen, wie aus dem Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums hervorgeht.
  • Bei diesem Steuerplus ist es Zeit, die Bürger endlich zu entlasten. Denn die gute Kassenlage des Staates ist vor allem der Verdienst der Arbeitnehmer und Unternehmer in Deutschland. An sie sollte jetzt gedacht und der ungerechte Effekt der kalten Progression beseitigt werden. Derzeit verdient der Fiskus bei jeder Lohnerhöhung oder Gewinnsteigerung überproportional mit.
  • Die Einnahmen der Bundesländer haben ebenfalls ordentlich zugelegt. Das ist den hohen Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer geschuldet.
  • Vor allem die Anhebung der Grunderwerbsteuersätze in einigen Bundesländern stützt das gute Ergebnis. An dieser Stelle sollten die Länder darüber nachdenken, ob sie bei den Häuslebauern weiterhin so stark zugreifen sollten. Auch bei deutlich niedrigen Steuersätzen würde noch genug in die Kassen kommen.
  • Im Jahr 2014 hat der Staat 593 Milliarden Euro eingenommen. Damit konnten Bund und Länder die Einnahmen um vier Prozent steigern. Im Haushaltsjahr 2013 lagen die Einnahmen noch bei rund 570 Milliarden Euro.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung v. 31.1.2015

 

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Leitsatz:

  1. Die Antragsfrist des § 18 Abs. 9 UStG ist eine Ausschlussfrist, die nur durch einen vollständigen, dem amtlichen Muster in allen Einzelheiten entsprechenden Antrag gewahrt wird, wobei dem Antrag die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original beizufügen sind.

  2. Das Verlangen nach Vorlage der Originalrechnung mit dem Vergütungsantrag kann unverhältnismäßig sein, wenn das Unvermögen des Antragstellers zur fristgerechten Vorlage der Originalrechnung vom Antragsteller nicht zu vertreten ist.

Tatbestand:

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Sport-Marketing.

2

Die Klägerin beantragte am 23. November 2006 die Vergütung von Vorsteuererträgen in Höhe von 2.818.573,51 € im Rahmen des besonderen Vorsteuervergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr (2006) geltenden Fassung (UStG) i.V.m. §§ 59 bis 61 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Vergütungszeitraum Juli bis September 2006. Am 29. Juni 2007 reichte die Klägerin für diesen Zeitraum einen weiteren Antrag auf Vorsteuervergütung in Höhe von 271.641,60 € ein. Mit den Anträgen wurde u.a. eine Rechnungsfotokopie des B vom 13. September 2006 (Vorsteuern in Höhe von 254.096 €) eingereicht. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Bundeszentralamt für Steuern –BZSt–) fasste die beiden Anträge zu einem Antrag zusammen.

3

Mit Bescheid vom 23. November 2007 versagte das BZSt die Vorsteuervergütung u.a. aus der Rechnung des B vom 13. September 2006 mangels Vorlage der Originalrechnung.

4

Mit ihrer Klageschrift vom 15. Dezember 2008 erhob die Klägerin Klage und reichte die Originalrechnung des B nach. Im Klageverfahren trug der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009 vor, die Originalrechnung sei nie abhanden gekommen. Alle Buchhaltungsunterlagen der Klägerin seien im April 2007 an das Treuhandbüro der Klägerin versandt worden. Bis zum Ablauf der Antragsfrist am 30. Juni 2007 sei die Originalrechnung nicht auffindbar gewesen, weil die Buchhaltungsunterlagen in mehreren Kartons abgelegt gewesen seien. Erst im Dezember 2008 habe eine Mitarbeiterin die Rechnung zufällig in einem Ordner gefunden.

5

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage wegen der Versagung der Vorsteuervergütung aus der Rechnung des B ab. Zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1892 veröffentlichten Urteils führte das FG im Wesentlichen aus, da die Klägerin innerhalb der bis 30. Juni 2007 laufenden Frist des § 18 Abs. 9 UStG nicht die Originalrechnung vorgelegt habe, sei ihr die beantragte Vorsteuervergütung zu versagen. Zwar sei § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG für den Fall des Verlustes der Originalrechnung dahingehend einschränkend auszulegen, dass für den Fall des vom Unternehmer nicht zu vertretenden Verlustes der Originalrechnung die Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung oder einer Bestätigung des Rechnungsausstellers zu der Rechnungskopie innerhalb der Antragsfrist ausreiche. Die Vorlage einer einfachen Kopie, wie sie von der Klägerin vorgelegt worden sei, reiche aber nicht aus.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensfehler geltend macht. Aus § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG ergebe sich lediglich, dass die Vorsteuerbeträge u.a. durch Vorlage der Originalrechnungen nachzuweisen seien, nicht aber, dass dies bereits mit Antragstellung erfolgen müsse. Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 11. Juni 1998 (gesicherter Bereich)C-361/96 Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises (Slg. 1998, I-3495) folge, dass der Steuerpflichtige auch im Vergütungsverfahren die Möglichkeit habe, den Nachweis durch Vorlage einer Rechnungskopie zu führen. Ihr, der Klägerin, müsse ebenso wie einem inländischen Unternehmer die Möglichkeit eröffnet werden, den Nachweis der Berechtigung zum Vorsteuerabzug mit allen zulässigen Beweismitteln zu führen. Hierzu gehöre auch eine Rechnungskopie. Die Versagung dieser Möglichkeit führe zu einem Verstoß sowohl gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch gegen den Neutralitätsgrundsatz. Außerdem sei die Originalrechnung, wie es das FG für seine Forderung nach Vorlage einer Zweitschrift zugrunde lege, nicht abhanden gekommen. Die Originalrechnung sei nur zeitweise nicht auffindbar gewesen. Die Versagung des Vorsteuerabzugs sei im Übrigen vorliegend auch nicht zur Verhinderung einer Steuerhinterziehung erforderlich.

7

Das FG habe mit seinem Urteil auch gegen Verfahrensrecht verstoßen, weil es den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt habe, indem es seine Rechtsauffassung, wonach zum Nachweis der Berechtigung zum Vorsteuerabzug die Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung zwingend erforderlich sei, den Beteiligten erst kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe. Hierin liege eine unzulässige Überraschungsentscheidung.

8

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von 254.096 € abgelehnt worden ist und den Bescheid über die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum Juli bis September 2006 vom 23. November 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 13. November 2008 dahingehend zu ändern, dass eine weitere Vergütung von Vorsteuern in Höhe von 254.096 € festgesetzt wird.

9

Das BZSt beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Es macht sich im Wesentlichen die Ausführungen in den Gründen des FG-Urteils zu eigen.

Gründe:

II.

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Klägerin keinen zur Vorsteuervergütung berechtigenden Antrag nach § 18 Abs. 9 UStG gestellt hat, weil sie mit dem Antrag nicht das Original der Rechnung, aus der sie den Vorsteuerabzug geltend macht, sondern nur eine Kopie vorgelegt hat; die spätere Vorlage der Originalrechnung im Klageverfahren heilt dieses Versäumnis nicht.

12

1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 UStG und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Der Vergütungsantrag ist gemäß § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Der Unternehmer hat die Vergütung selbst zu berechnen und die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG).

13

a) Bei der Antragsfrist des § 18 Abs. 9 UStG handelt es sich um eine Ausschlussfrist (EuGH-Urteil vom 21. Juni 2012 (gesicherter Bereich)C-294/11, Elsacom, (gesicherter Bereich)BStBl II 2012, 942; Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 8. August 2013 (gesicherter Bereich)V R 3/11, (gesicherter Bereich)BFHE 242, 535, (gesicherter Bereich)BStBl II 2014, 46). Sie wird nur durch einen vollständigen, dem amtlichen Muster in allen Einzelheiten entsprechenden Antrag gewahrt (BFH-Beschluss vom 9. Januar 2014 (gesicherter Bereich)XI B 11/13, BFH/NV 2014, 915). Aus der gesetzessystematischen Stellung des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG zwischen § 18 Abs. 9 Sätze 3 und 5 UStG, in denen ausdrücklich der Vergütungsantrag genannt ist, ergibt sich, dass bereits mit dem Vergütungsantrag die Rechnungen und Einfuhrbelege im Original beizufügen sind (BFH-Urteil vom 18. Januar 2007 (gesicherter Bereich)V R 23/05, (gesicherter Bereich)BFHE 217, 32, (gesicherter Bereich)BStBl II 2007, 430, m.w.N.). Hieran hält der Senat fest. Im vorliegenden Fall konnte weder der fristgerechte Antrag unter Beifügung nur einer Kopie der Originalrechnung noch die Vorlage der Originalrechnung mit Klageerhebung nach Ablauf der Frist des § 18 Abs. 9 UStG einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen.

14

b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Ob und ggf. in welchem Umfang sich die im Drittlandsgebiet ansässige Klägerin auf für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige geltende unionsrechtliche Grundsätze berufen kann, ist fraglich. Denn die dem Anwendungsbereich der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 86/560/EWG) unterliegenden Unternehmer in Drittländern können anders behandelt werden als die dem Anwendungsbereich der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 79/1072/EWG) unterliegenden Unternehmer im Unionsgebiet. Eine Ungleichbehandlung verstößt insoweit nicht gegen das Verbot der Diskriminierung nach Art. 12 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft –EGV– (Art. 18 Arbeitsweise der Europäischen Union), weil das Diskriminierungsverbot keine Anwendung im Falle einer Ungleichbehandlung zwischen Angehörigen der Mitgliedstaaten und Drittstaatsangehörigen findet (EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 (gesicherter Bereich)C-22/08 und (gesicherter Bereich)C-23/08, Vatsouras Koupatantze, Slg. 2009, I-4585, Rz 52; BFH-Urteil in (gesicherter Bereich)BFHE 242, 535, (gesicherter Bereich)BStBl II 2014, 46).

15

c) Der Senat braucht diese Frage aber nicht zu beantworten, weil sich im vorliegenden Sachverhalt auch für einen im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen kein Vergütungsanspruch ergeben würde.

16

aa) Aus dem EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495 folgt, dass ein nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger einem Erstattungsantrag grundsätzlich die Originalrechnungen und Originaleinfuhrdokumente beizufügen hat, aus denen sich die Umsatzsteuerbeträge ergeben, deren Erstattung beantragt wird (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495 Rz 26). Dabei muss aber das abgeleitete Recht die allgemeinen Rechtsgrundsätze und vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (EuGH-Urteile Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 30; vom 5. Juli 1977 Rs. C-114/76, Bela-Mühle, Slg. 1977, 1211, Rz 5 bis 7). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen nicht über das zur Erreichung ihres Zieles Erforderliche hinausgehen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18. Dezember 1997 (gesicherter Bereich)C-286/94, Molenheide u.a., Slg. 1997, I-7281, Rz 48; BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 (gesicherter Bereich)V R 36/08, (gesicherter Bereich)BFH/NV 2011, 316). Das Erfordernis der Vorlage der Originalrechnung ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich berechtigt, weil es das einzige Mittel darstellt, um eine Mehrfachvergütung der Umsatzsteuer mit Sicherheit auszuschließen und die Anerkennung von Zweitschriften oder Kopien das Risiko von Mehrfachvergütungen birgt.

17

(1) Allerdings folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige geltende Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/EWG dahin auszulegen ist, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, in seinem innerstaatlichen Recht die Möglichkeit vorzusehen, dass ein nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger bei von ihm nicht zu vertretendem Abhandenkommen einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments den Nachweis seines Erstattungsanspruchs durch Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung oder des fraglichen Einfuhrdokuments führt, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Erstattungsanträge gestellt werden (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 29 und 31).

18

(2) Des Weiteren folgt aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 6 EGV, dass ein Mitgliedstaat der EU, der –wie die Bundesrepublik Deutschland– den in seinem Staatsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt, bei von ihnen nicht zu vertretendem Abhandenkommen der Originalrechnung den Nachweis ihres Anspruchs auf Erstattung der Umsatzsteuer durch Vorlage einer Zweitschrift oder einer Ablichtung der Rechnung zu führen, diese Möglichkeit auch nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen einräumen muss, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang zweifelsfrei stattgefunden hat, das Abhandenkommen der Rechnung oder des Einfuhrdokuments vom Steuerpflichtigen nicht zu vertreten ist und in Anbetracht der Umstände feststeht, dass die Gefahr weiterer Erstattungsanträge nicht gegeben ist (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 36).

19

bb) Es liegt weder ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot vor.

20

(1) Ein Verzicht auf die Vorlage der Originalrechnung kommt sowohl unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als auch unter dem des Diskriminierungsverbotes nur in Betracht, wenn das Abhandenkommen der Rechnung oder des Einfuhrdokuments vom Steuerpflichtigen nicht zu vertreten ist (EuGH-Urteil Société générale des grandes sources d’eaux minérales françaises in Slg. 1998, I-3495, Rz 29 und 36). Das Unvermögen der Klägerin, die Originalrechnung innerhalb der Frist des § 18 Abs. 9 UStG vorzulegen, beruht aber auf einem von ihr zu vertretenden Organisationsverschulden. Die Klägerin hat es versäumt, ihre Belegverwaltung so zu organisieren, dass ihr ein jederzeitiger Zugriff auf Eingangsrechnungen möglich war. Dass der Verbleib der Rechnung des B vom 13. September 2006 im Zuge eines Umzuges zwischenzeitlich über einen längeren Zeitraum unklar war, liegt im Verantwortungsbereich der Klägerin.

21

(2) Bei der Versäumung von Ausschlussfristen wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im deutschen Recht darüber hinaus durch die verfahrensrechtlichen Regelungen in §§ 109, 110 der Abgabenordnung (AO) Rechnung getragen. Gemäß § 109 Abs. 1 AO können Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen und Fristen, die von einer Finanzbehörde gesetzt sind, verlängert werden und nach § 110 Abs. 1 AO ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

22

Die Möglichkeiten, die das Verfahrensrecht durch §§ 109, 110 AO eröffnet, reichen aus, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in außergewöhnlichen Fällen der Fristversäumnis zu entsprechen. Die Klägerin hat von diesen Möglichkeiten aber keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere hat sie innerhalb der Fristen von § 110 Abs. 2 und 3 AO keinen Antrag auf Fristverlängerung gestellt. Im Übrigen ist sie aus den unter II.1.c bb genannten Gründen auch nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die Frist des § 18 Abs. 9 UStG einzuhalten.

23

d) Es liegt auch kein Verstoß gegen sonstige unionsrechtliche Grundsätze, den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), gegen Art. 2 Abs. 2 des General Agreement on Trade in Services (GATS; BGBl II 1994, 1643), gegen Art. 25 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und Vermögen vom 19. Januar 1973 ((gesicherter Bereich)BGBl II 1973, 74) oder gegen Art. 11 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Nachlass- und Erbschaftsteuern (BGBl II 1980, 1341, BStBl I 1980, 786) vor. Der Senat verweist insoweit auf seine Urteile in (gesicherter Bereich)BFHE 242, 535,(gesicherter Bereich)BStBl II 2014, 46, sowie in (gesicherter Bereich)BFHE 217, 32, (gesicherter Bereich)BStBl II 2007, 430.

24

2. Die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) durch Erlass einer Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Eine Überraschungsentscheidung kann gegeben sein, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (z.B. BFH-Beschluss vom 13. Juli 2012 (gesicherter Bereich)IX B 3/12, (gesicherter Bereich)BFH/NV 2012, 1635). Einer umfassenden Erörterung der für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte bedarf es dabei aber nicht (BFH-Beschluss vom 25. Mai 2000 (gesicherter Bereich)VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235). Dadurch, dass das FG seine Rechtsansicht hinsichtlich der Notwendigkeit einer Rechnungszweitschrift erst kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung hat erkennen lassen, liegt schon deshalb keine Überraschungsentscheidung vor, weil es keine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne gibt, dass das Gericht seine mögliche Beurteilung andeuten müsste (BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 2014 (gesicherter Bereich)III B 108/13, (gesicherter Bereich)BFH/NV 2014, 706; vom 17. Oktober 2012 (gesicherter Bereich)III B 68/12, (gesicherter Bereich)BFH/NV 2013, 362). Im Übrigen haben gerade die Anforderungen an einen zum Vorsteuervergütungsanspruch führenden Antrag im Mittelpunkt des Rechtsstreits vor dem FG gestanden. Darin, dass das FG ohne vorherige Ankündigung nicht der Rechtsansicht der Klägerin gefolgt ist, ist keine Überraschungsentscheidung zu sehen.

Normen:

GG:3/1  GG:103/1  UStG:15  UStG:16  UStG:18/1  UStG:18/2  UStG:18/3  UStG:18/4  UStG:18/9  AO:109  AO:110  FGO:96/2  EGV:6  EGV:12  EWGRichtl-79/1072:3

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Leitsatz:

  1. Die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG setzt – ebenso wie die des § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG – eine Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz voraus.

  2. Gewährt der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige erste Unternehmer einer Lieferkette, der eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an einen im Inland ansässigen Unternehmer erbringt, dem letzten Unternehmer der Lieferkette einen Rabatt, so ändert sich dadurch weder die Bemessungsgrundlage für die innergemeinschaftliche Lieferung des ersten Unternehmers noch für den damit korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb seines Abnehmers.

Tatbestand:

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie befasst sich mit der Planung und Herstellung von Kommunikationsnetzen. Mit den Firmen A, B, C und D bildete die Klägerin eine Einkaufsgemeinschaft für den Erwerb von Erzeugnissen der in dem Vereinigten Königreich ansässigen X-Ltd. (X). Die Gesellschaften der Einkaufsgemeinschaften kauften die Produkte bei verschiedenen Großhändlern in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin erwarb die Produkte unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs. X zahlte einen Rabatt für die Einkäufe aller vier Gesellschaften der Einkaufsgemeinschaften quartalsweise an A aus. A ermittelte dann den Anteil jeder Gesellschaft der Einkaufsgemeinschaft anhand der jeweiligen Einkäufe und leitete die Rabatte entsprechend an diese Gesellschaften und damit auch an die Klägerin weiter.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung kürzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Vorsteuerbeträge für das Streitjahr (2006) entsprechend den von der X gewährten Rabatten und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung 2006 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung mit Bescheid vom 4. März 2008 entsprechend.

3

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seines in (gesicherter Bereich)Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1804 veröffentlichten Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, der von X gewährte Rabatt stelle eine Änderung der Bemessungsgrundlage dar, die gemäß § 17 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin führe.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt, eine Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 1 UStG betreffe grundsätzlich nur die unmittelbar an einem Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer. Das von ihr, der Klägerin, im Leistungsaustausch mit den Großhändlern aufgewandte Entgelt, habe sich nicht verringert. Das nach dem umsatzsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatz erforderliche Gleichgewicht zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer sei in diesem Leistungsverhältnis daher gewährleistet.

5

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. März 2008 sowie die Einspruchsentscheidung vom 16. März 2010 unter Anerkennung weiterer Vorsteuerbeträge in Höhe von 3.259,30 € zu ändern und die Umsatzsteuer 2006 auf 122.684,23 € festzusetzen.

6

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe:

II.

7

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen einer zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin führenden Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 UStG bejaht.

8

1. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, so hat nach § 17 Abs. 1 UStG der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG). Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UStG). Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG). Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 4 UStG). Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG –innergemeinschaftlicher Erwerb– und des § 13b UStG –Leistungsempfänger als Steuerschuldner– sinngemäß (§ 17 Abs. 1 Satz 5 UStG).

9

2. Unionsrechtlich beruht § 17 Abs. 1 UStG auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG; ab 1. Januar 2007 Art. 185 Abs. 1 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG –MwStSystRL–). Danach wird der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben, u.a. bei erlangten Rabatten.

10

3. Die Voraussetzungen für eine Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG sind im Streitfall nicht erfüllt, denn die Bemessungsgrundlage für den Umsatz der Großhändler an die Klägerin, der sie zum Vorsteuerabzug berechtigt, hat sich nicht geändert. Da sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG (das Entgelt) grundsätzlich nach dem zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis richtet (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17. Dezember 2009 (gesicherter Bereich)V R 1/09, (gesicherter Bereich)BFH/NV 2010, 1869; vom 16. Januar 2003 (gesicherter Bereich)V R 36/01, (gesicherter Bereich)BFH/NV 2003, 667, unter II.2.a), betrifft auch die Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG nur die am Leistungsaustausch unmittelbar beteiligten Unternehmer. Dies folgt systematisch aus den Regelungen des § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG, welche die Auswirkungen regeln, die die Änderung der Bemessungsgrundlage im jeweiligen Rechtsverhältnis auf andere Unternehmer hat und unionsrechtlich aus Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, der vertragliche Beziehungen betrifft, die unmittelbar zwischen zwei Vertragsparteien zustande kommen und nachträglich eine Änderung erfahren (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– vom 24. Oktober 1996 (gesicherter Bereich)C-317/94, Elida Gibbs Ltd., Slg. 1996, I-5339 Rdnr. 31).

11

Das Entgelt im Rechtsverhältnis zwischen den Großhändlern und der Klägerin, also alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG), hat sich nicht geändert, weil sich der Wert dessen, was die Klägerin gegenüber den Großhändlern aufgewandt hat, durch den Rabatt nicht verändert hat; eine Berücksichtigung des von X gewährten Rabattes scheidet im Verhältnis zwischen den Großhändlern und der Klägerin aus. Nichts anderes ergibt sich aus dem Unionsrecht, das gemäß Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 73 MwStSystRL) auf den Wert der Gegenleistung, die der Lieferer (die Großhändler) für seine Umsätze vom Erwerber (der Klägerin) erhalten hat, abstellt.

12

4. Die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG liegen ebenfalls nicht vor, weil auch die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG –ebenso wie die des § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG– eine Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz voraussetzt (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 XI R 25/12, BFHE 245, 465, BFH/NV 2014, 1692).

13

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG muss der Unternehmer, an den der Umsatz ausgeführt wurde, den Vorsteuerabzug nicht berichtigen, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 4 UStG).

14

a) § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG regelt die Voraussetzungen der Vorsteuerberichtigung nicht dem Grunde nach, sondern bestimmt, welcher Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen hat (BFH-Urteil in BFHE 245, 465, BFH/NV 2014, 1692). Abweichend von § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG, wonach der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer zu berichtigen ist, „an den dieser Umsatz ausgeführt wurde“, ordnet § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei dem (anderen) Unternehmer an, der durch die Änderung der Bemessungsgrundlage „wirtschaftlich begünstigt“ wird.

15

aa) Die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG setzt ebenso wie die des § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG eine Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz voraus. Mit der Formulierung „in diesen Fällen“ knüpft die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG nach Wortlaut und Gesetzessystematik nämlich nicht nur an die in § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG geregelten Fälle an, in denen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt wird, sondern auch an die in § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG enthaltene Bedingung, dass „sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [UStG] geändert“ hat. § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG gleicht mit der Vorsteuerkorrektur beim wirtschaftlich begünstigten Unternehmer den nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG geminderten Steuerbetrag aus (BFH-Urteil in BFHE 245, 465, BFH/NV 2014, 1692). Diese Korrektur hängt davon ab, ob es zu einer Minderung des Steuerbetrags i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG kommt. Anderenfalls käme es zu einem Umsatzsteuerüberhang, was indes dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 1 UStG widerspräche, die Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten (BFH-Urteil in BFHE 245, 465,BFH/NV 2014, 1692).

16

bb) Das entspricht der Gesetzesbegründung zu § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG i.d.F. durch Art. 5 Nr. 14 des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes –EURLUmsG– (BGBl I 2004, 3310). Mit § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG hat der Gesetzgeber § 17 UStG an das EuGH-Urteil Elida Gibbs in Slg. 1996, I-5339 angepasst (vgl. dazu BFH-Urteil vom 15. Februar 2012XI R 24/09, (gesicherter Bereich)BFHE 236, 267, (gesicherter Bereich)BStBl II 2013, 712, Rz 28), um sicherzustellen, dass für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, die Umsatzbesteuerung neutral ist. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von der Produktion bis zum Endverbraucher insgesamt nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher wirtschaftlich aufwendet (BRDrucks 605/04, 69 f.).

17

b) Für keinen der in Betracht kommenden Umsätze in der Leistungskette X –Großhändler– Einkaufsgemeinschaft (Klägerin) liegen die Korrekturvoraussetzungen vor: Für die Lieferung der Großhändler an die Klägerin folgt das aus den unter II.3. genannten Gründen. Dasselbe gilt für die (steuerfreie) Lieferung durch X an die Großhändler und für den nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG im Inland steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb der Großhändler.

18

aa) Bei der Lieferung des X an die Großhändler fehlt es am Merkmal eines „steuerpflichtigen“ Umsatzes (§ 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 UStG). X hätte den für ihre Umsätze geschuldeten Steuerbetrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu ihren Gunsten nur berichtigen können, wenn ihre Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer im Inland unterlegen hätten und steuerpflichtig gewesen wären, was –korrespondierend– die Verpflichtung der Klägerin zur Berichtigung ihres Vorsteuerabzugs zur Folge gehabt hätte (vgl. dazu EuGH-Urteile Elida Gibbs in Slg. 1996, I-5339; vom 24. Oktober 1996 (gesicherter Bereich)C-288/94, Argos Distributors Ltd., Slg. 1996, I-5311; vom 15. Oktober 2002C-427/98, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-8315; BFH-Urteile in (gesicherter Bereich)BFHE 236, 267,(gesicherter Bereich)BStBl II 2013, 712; vom 5. Juni 2014 XI R 25/12,BFH/NV 2014, 1692, und vom 12. Januar 2006 (gesicherter Bereich)V R 3/04, (gesicherter Bereich)BFHE 213, 69,(gesicherter Bereich)BStBl II 2006, 479, unter II.1.b).

19

Diese für eine Lieferkette im Inland geltenden Grundsätze kommen aber nicht zum Tragen, wenn es sich bei der Lieferung des ersten Unternehmers um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung handelt. Das verstößt nicht gegen den Neutralitätsgrundsatz (vgl. Elida Gibbs in Slg. 1996, I-5339 Rdnr. 31); denn X erbringt keine im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze. Sie führt ihre Lieferungen (an die Großhändler) in Großbritannien aus, und zwar entsprechend Art. 28c Teil A Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 138 Abs. 1 der MwStSystRL) als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

20

bb) Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG liegen auch nicht bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb durch die Großhändler vor. Zwar gelten § 17 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 UStG auch in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG (§ 17 Abs. 1 Satz 5 UStG). Die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb hat sich entgegen der Auffassung des FA indes nicht geändert. Der von X an die Klägerin gewährte Rabatt hat keinen Einfluss auf den Wert dessen, was die Großhändler aufgewandt haben, um die Lieferungen zu erhalten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG –Art. 73, 83 MwStSystRL).

21

Darüber hinaus würde sich eine Änderung der Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs bei den Großhändlern umsatzsteuerrechtlich nicht auswirken, denn die Großhändler können gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG „die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb …“ als Vorsteuerbeträge abziehen. Es käme damit zu dem Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz, der mit der Änderung des § 17 Abs. 1 UStG i.d.F. des EURLUmsG (BGBl I 2004, 3310) gerade vermieden werden sollte (s. unter II.4.a aa und bb). Denn dem Fiskus würde durch die Herabsetzung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin im Ergebnis ein Umsatzsteuerüberhang zufließen, weil die Umsatzsteuer aus den Lieferungen der Großhändler nicht entsprechend herabgesetzt würde und auch keine andere Korrektur eingreifen würde.

22

Die Auffassung des FA, die Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch die Großhändler sei zu ändern, ohne dass dies Einfluss auf den Vorsteuerabzug der Großhändler aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG habe, ist mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht in Einklang zu bringen. Der Vorsteuerbetrag besteht in der Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb. Ändert sich diese, ändert sich zwingend auch der Vorsteuerbetrag.

Normen:

UStG:1/1/1  UStG:1/1/5  UStG:10/1  UStG:13b  UStG:17/1  EWGRichtl-77/388:11/A/1/a  EWGRichtl-77/388:11/C/1  MwStSystRL:73  MwStSystRL:83

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NB Steuerberatung Nürnberg - Neugebauer & Binder Steuerberater GbR

Winterzeit ist Grippezeit! Für die jährlich zahlreichen Betroffenen nicht nur ein gesundheitlicher Kraftakt, auch steuerlich können die anfallenden Krankheitskosten eine sog. außergewöhnliche Belastung darstellen. Das Gute daran: Außergewöhnliche Belastungen im Steuerrecht führen mitunter zu einer Steuerlastminderung bzw. -erstattung. Darauf weist aktuell der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hin.

Hierzu führt der DStV weiter aus:

  • Voraussetzung für den steuerlichen Abzug ist, dass die insgesamt im Kalenderjahr aufgewendeten Kosten den zumutbaren Eigenanteil überschreiten. Dieser ermittelt sich in Abhängigkeit der gesamten Einkünfte und liegt z.B. bei einer Familie mit drei Kindern und einem Jahreseinkommen von 40.000 Euro bei 400 Euro.
  • Der DStV empfiehlt daher Quittungen und Belege für Krankheitskosten, wie u.a. ärztlich verordnete Medikamente, medizinische Behandlungen aber auch Sehhilfen oder Zahnersatz, bereits von Jahresbeginn an gut aufzubewahren. Maßgebend ist stets der Zeitpunkt der Barzahlung oder Überweisung.
  • Doch auch wenn sich die Kosten innerhalb der zumutbaren Belastung bewegen, kann die Geltendmachung der angefallenen Beträge in der Steuererklärung lohnen. Da regelmäßig Klagen bezüglich der Höhe des zumutbaren Eigenanteils vor den Gerichten anhängig sind, rät der DStV aktuelle Verfahren und Entscheidungen fortwährend zu beobachten bzw. einen Steuerberater einzubinden.
  • Um hohen Krankheitskosten von vornherein vorzubeugen, werben viele Krankenkassen mit sog. Bonus- und Prämienprogrammen im Rahmen derer sie ihre Versicherten für die Teilnahme an Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sowie sportlichen Aktivitäten (Mitgliedschaft im Fitnessstudio etc.) belohnen. Diese Bonuszahlungen sind jedoch einkommensteuerpflichtig und müssen, so der DStV, in der Jahressteuererklärung von den als Sonderausgaben geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträgen abgezogen werden.
  • Dies gilt entsprechend für erhaltene Beitragsrückerstattungen. Nicht steuerpflichtig sind hingegen (ggf. anteilige) Kostenerstattungen für Leistungen, wie z.B. den Yogakurs oder das präventive Rückentraining.

Quelle: DStV online

Anmerkung: Außergewöhnliche Belastungen (u.a. Krankheitskosten) können nach dem Wortlaut des Einkommensteuergesetztes grds. nur insoweit abgezogen werden, als sie die zumutbare Belastung übersteigen (§ 33 Abs. 1 i.V. mit Abs. 3 EStG). Beim BFH sind derzeit jedoch mehrere Revisionsverfahren anhängig, in denen es um die Frage geht, ob es von Verfassungs wegen geboten ist, zwangsläufige Krankheitskosten ohne Kürzung um eine zumutbare Belastung zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zuzulassen? (BFH-Az. VI R 32/13 und BFH-Az. X R 43/14). Die Finanzverwaltung setzt die Einkommensteuer diesbezüglich bereits vorläufig fest (s. BMF, Schreiben v. 29.8.2013, BStBl 2013 I S. 978; NWB DokID: EAAAE-43768).

 

NB Steuerberatung Nürnberg - Neugebauer & Binder Steuerberater GbR

Orientierungssatz:

  1. Für die ertragsteuerliche Frage, in welchem Umfang in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge vom Rechnungsempfänger als AK oder als WK zu berücksichtigen sind, kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9b EStG an.

  2. Die Abschlussgebühr für einen Bausparvertrag, der Finanzierungszwecken dient, führt nicht zu WK bei den Kapitaleinkünften.

Tatbestand:

Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt es zu Recht abgelehnt hat bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1997 und bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit dem Erwerb von zwei Immobilienobjekten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Ferner ist bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 streitig, ob das Finanzamt hinsichtlich einer Abschlussgebühr für einen Bausparvertrag zu Recht davon ausgegangen ist, dass diese nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er übte seine Tätigkeit in einer Einzelpraxis in N selbständig und später entsprechend einem Gesellschaftsvertrag vom 09.01.1996 beginnend mit dem 01.01.1997 in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen mit dem Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar M. in H. aus. Daneben hatte der Kläger in den Streitjahren 1997 bis 1999 noch Einnahmen aus schriftstellerischer Tätigkeit und aus Vortragstätigkeit.

Die Klägerin war seit 1993 als selbständige Versicherungs- und Finanzierungsmaklerin tätig. Im Jahr 1997 erzielte sie aus der Vermittlung eines Grundstücksgeschäfts eine Provision in Höhe von 100.000 DM. Im Jahr 1998 erzielte sie keine Umsätze und im Jahr 1999 betrugen die Umsatzerlöse 6.000 DM.

Der Kläger erwarb im Jahr 1998 ein Grundstück N-Straße in N. Lt. der vom Kläger am 25.10.2004 im Rahmen einer bei ihm für die Jahre 1996 – 1998 durchgeführten Betriebsprüfung erstellten „Familienbuchführung“ verbuchte er auf den „vorläufigen Sachkonten 1998“ Aufwendungen im Zeitraum vom 20.10. bis 29.12.1998 in Höhe von insgesamt 423.573,62 DM als Kaufpreis und Nebenkosten des erworbenen Grundstücks. Hinsichtlich dieses Grundstücks erklärte der Kläger für die Jahre 1998 und 1999 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dieses Objekt überließ er seinen Eltern unentgeltlich zur Nutzung.

Außerdem kaufte der Kläger mit zwei notariellen Verträgen von seinem Mandanten Herrn B.F. verschiedene noch zu sanierende (betrifft das Objekt J) bzw. zu errichtende (betrifft das Objekt C) Wohnungen und Gewerbeeinheiten nämlich

1. mit Vertrag vom 16.12.1997 in dem Objekt J, W-Straße,

die Gewerbeeinheit Nr. 12 zum Preis von 314.000 DM
die Eigentumswohnung Nr. 21 zum Preis von 210.000 DM
zzgl. Sanierungskosten lt. gesondertem Vertrag i. H. v. 82.530 DM
606.530 DM

2. mit Vertrag vom 28.12.1998 in dem Objekt C, T-Straße

die Gewerbeeinheit Nr. 1 zum Preis von 390.000 DM
die Eigentumswohnung Nr. 5 zum Preis von 440.000 DM
die Eigentumswohnung Nr. 8 zum Preis von 300.000 DM
1.130.000 DM

Sämtliche Erwerbe waren fremdfinanziert.

Der Kläger hatte ein Darlehen bei der Sparkasse N unter der Kontonummer xyz in Höhe von 420.000 DM aufgenommen. Es war vertraglich ein Festzinssatz i. H. v. 5,8 v. H. bis zum 30.12.2013 festgelegt. Zu diesem Datum sollte das Darlehen zurück gezahlt werden. Unter „besondere Vereinbarung“ war aufgeführt: „Ansparung eines Bausparvertrages“.

Dieses Darlehen war u. a. abgesichert durch die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus der gemäß Kaufvertrag vom 18.09.1998 (UR-Nr. … des Notars S.C., in H), abzugebenden Freistellungserklärung und durch Abtretung der Rechte aus dem … Bausparvertrag Nr. xxw. Der Kaufvertrag bezog sich auf die Wohnung in der N-Straße in N. Den Bausparvertrag mit der … Bausparkasse AG schloss der Kläger am 30.07.1999 über eine Bausparsumme in Höhe von 420.000 DM. Er zahlte hierfür eine Abschlussgebühr in Höhe von 6.720 DM. Laut des Kontoauszugs 1999 der … Bausparkasse AG zahlte der Kläger monatlich 352 DM auf das Bausparkonto ein.

Ebenfalls am 30.07.1999 schloss der Kläger mit der … Bausparkasse AG drei weitere Bausparverträge über Bausparsummen in Höhe von 390.000 DM (Nr. xxx), über 440.000 DM (Nr. xxy) und über 300.000 DM (Nr. xxz), die sich auf die Gewerbeeinheit und die Eigentumswohnungen in dem Objekt in C bezogen.

Der Kläger hatte für die Bausparverträge mit den Endnummern × bis z Abschlussgebühren in Höhe von 6.240 DM (betrifft Endnummer x), 7.040 DM (betrifft Endnummer y) und 4.080 DM (betrifft Endnummer z) zu zahlen.

In Höhe der in den o. a. Bausparverträgen mit den Endnummern × bis z enthaltenen Bausparsummen hatte die Sparkasse N jeweils in getrennten Darlehensverträgen dem Kläger Darlehen gewährt und in diesen Verträgen übereinstimmend beim Punkt „Sicherheiten“ u. a. aufgeführt:

„Bausparvertrag (… Bausparkasse AG) über 440.000 DM Nr. xxy, 300.000 DM Nr. xxz und über 390.000 DM Nr. xxx, Sicherungsgeber: K.X.“.

Lt. der vom Kläger im Rahmen der laufenden Betriebsprüfung am 07.12.2004 erstellten „Familienbuchführung“ verbuchte er bei den „vorläufigen Sachkonten 1999“ unter der Kontonummer „… Aufwendungen C“ die Abschlussgebühren für die drei Bausparverträge mit den Endnummern × bis z. Die Abschlussgebühr in Höhe von 6.720 DM für den Bausparvertrag mit der Endnummer w verbuchte er unter der Kontonummer „… Aufwendungen N-Straße“.

In den Jahren 2002 bis 2004 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 1996 bis 1998 durch. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bp-Berichts vom 07.03.2005 verwiesen.

Das Finanzamt lehnte der Bp folgend die Berücksichtigung von Vorsteuern als Werbungskosten ab, die in Höhe von 40.956,52 DM (20.940,74 EUR) auf die Gewerbeeinheit der mit Vertrag vom 16.12.1997 erworbenen Immobilie in J, entfiel, sowie für die weitere Gewerbeeinheit auf dem Grundstück C, in Höhe von 53.793,10 DM (27.503,98 EUR), die mit Vertrag vom 28.12.1998 erworben worden war. Die Grundstücke waren vom Kläger zunächst umsatzsteuerfrei von Herrn B.F. erworben worden. Im Jahr 2002 hat Herr B.F. zur Umsatzsteuer optiert und mit Rechnungen vom 15.06.2002 für die gewerblichen Einheiten Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Es wurde die Umsatzsteuer aus dem anteiligen Kaufpreis herausgerechnet. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung für II./2002 wurde der Vorsteuerbetrag gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht. Das deshalb beim 5. Senat des Finanzgerichts anhängig gewesene Verfahren (gesicherter Bereich)5 K 1992/03 U blieb ohne Erfolg. Mit Urteil vom 08.03.2007 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2007, 1562) entschied das Finanzgericht, die Inanspruchnahme der Vorsteuer durch den Leistungsempfänger stelle sich trotz zulässiger Option als rechtsmissbräuchlich gemäß § 42 Abgabenordnung (AO) dar, wenn er die Anforderung von Rechnungen mit gesonderten Umsatzsteuerausweis bewusst verzögere und die Vorsteuer erst geltend gemacht werde, nachdem wegen des dem Kläger bekannten zwischenzeitlichen Vermögensverfalls des Verkäufers die Realisierung der durch die Option ausgelösten Steuerschuld dem Finanzamt nicht mehr möglich war. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde als unzulässig verworfen (Beschluss des BFH vom 10.01.2008XI B 198/07 nicht dokumentiert).

Ferner waren die Bp und das Finanzamt der Auffassung, dass die Abschlussgebühren für die Bausparverträge mit den Endnummern × bis z in Höhe von zusammen 18.197 DM nachträglich als Werbungskosten bei dem Grundstück in C, T-Straße, zu berücksichtigen seien. Der Vertrag Nr. xxx (Anmerkung: gemeint sein dürfte der Vertrag mit der Nr. xxw) wurde dem Objekt N-Straße zugerechnet. Aus diesem Objekt seien jedoch keine Einnahmen erzielt worden, sodass insofern ein Werbungskostenabzug entfalle (Tz. 2.2.5 des Bp-Bericht vom 07.03.2005).

Gegen die Einkommensteueränderungsbescheide 1997 bis 1999 sowie den Bescheiden zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer 1997, 1998 und 1999, mit denen die Ergebnisse der Prüfungen umgesetzt wurden, legten die Kläger mit Schreiben vom 26.06.2005 Einspruch ein.

Die Kläger machten zum Einen Einwände hinsichtlich der im vorliegenden Klageverfahren nicht mehr streitigen Behandlung der Ansparrücklagen bzw. der Ansparabschreibungen durch das Finanzamt geltend.

Zum Anderen wandten sie sich dagegen, dass das Finanzamt nicht – wie vom Kläger während der steuerlichen Außenprüfung beantragt – die Vorsteuerbeträge hinsichtlich der Immobilienobjekte in J, W-Straße und in C, T-Straße in den Jahren 1997 und 1998 gemäß § 9 b Einkommensteuergesetz (EStG) als Werbungskosten berücksichtigt hat, sondern als Anschaffungskosten.

§ 9 b Abs. 1 Satz 2 EStG behandele ausdrücklich die Fälle, in denen der Vorsteuerbetrag nicht abgezogen werden könne und bestimme, dass dieser trotzdem zu Werbungskosten führe, wenn u. a. die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze nicht mehr als 3 v. H. des Gesamtumsatzes betragen. Da der Kläger weder in 1997 noch in 1998 entsprechende zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges führende Umsätze gehabt habe, sei dieser Tatbestand des § 9 b EStG in jedem Fall erfüllt, so dass die unstreitig dem Kläger in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (auch wenn sie nicht abzugsfähig sein sollten) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung behandelt werden könnten. Bereits nach § 9 b Abs. 1 Satz 1 EStG seien die Vorsteuern in den betreffenden Jahren als Werbungskosten abziehbar, wenn das Verfahren vor dem Finanzgericht Münster (gesicherter Bereich)5 K 1992/03 U zu dem Ergebnis komme, dass eine Abzugsfähigkeit des trotz des § 42 AO vorliege.

Die Abschlussgebühr für den Bausparvertrag mit der Endziffer w in Höhe von 6.720 DM sei bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Bausparvertrag habe in erster Linie Sparzwecken gedient. Ein Zusammenhang mit einem künftigen Bauvorhaben habe nicht bestanden. Ziel sei es vielmehr gewesen, im Wege des Sparens und unter Berücksichtigung von Zinserträgen Kapital zu schaffen, das zur Tilgung von Darlehen eingesetzt werden könne.

Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011).

Zu den beiden Streitpunkten im vorliegenden Klageverfahren hat das Finanzamt ausgeführt, die Regelung des § 9 b Abs. 1 Satz 2 EStG sei eine Vereinfachungsregelung für den umsatzsteuerrechtlich nicht abziehbaren Teil des Vorsteuerbetrages eines Wirtschaftsgutes. Im vorliegenden Fall handele es sich aber nicht um teilweise nicht abzugsfähige Vorsteuern. Vielmehr sei die gesamte, nachträglich offen ausgewiesene Umsatzsteuer aus dem Kauf der beiden gewerblich genutzten Einheiten in J und C wegen Rechtsmissbrauch gemäß § 42 AO nicht abzugsfähig.

Darüber hinaus gelte § 9 b Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann, wenn mit dem angeschafften Wirtschaftsgut Umsätze ausgeführt würden, die zum teilweisen Ausschluss vom Vorsteuerabzug geführt hätten. Im vorliegenden Fall seien die Vorsteuerbeträge aber nicht wegen der mit den Grundstücken teilweise umsatzsteuerfrei ausgeführten Umsätze nicht abziehbar, sondern wegen des Rechtsmissbrauchs gemäß § 42 AO. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 9 b Abs. 1 Satz 2 EStG seien nicht gegeben.

Die Abschlussgebühren für den Bausparvertrag würden keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen.

Beim Bausparvertrag sei das Sparen in der Regel lediglich ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erlangung eines Bauspardarlehens und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Zweck des Vertragsabschlusses sei dann die Erlangung eines Bauspardarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Der Bausparer brauche allerdings ein zugeteiltes Bauspardarlehen nicht in Anspruch zu nehmen und könne sich mit den Zinserträgen aus dem Bausparguthaben begnügen. Der Zinssatz für Bauspareinlagen liege aber durchweg unter dem Kapitalmarktzins. Selbst bei Einreichung der Steuervergünstigungen würden sich regelmäßig attraktivere Kapitalanlagen finden lassen. Die überwiegende Mehrzahl der Bausparer sehe daher in dem Sparen nur die unabweisbare Voraussetzung für die Erlangung des Bauspardarlehens. Abschlussgebühren für Bausparverträge könnten aber in Einzelfällen zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen, wenn der Abschluss des Vertrages in keinem wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Verwirklichung eines Bauvorhabens stehe und wenn auf Dauer gesehen ein Überschuss aus Zinsgutschriften erwartet werden könne (Hinweis auf BFH-Urteil vom 24.07.1990 (gesicherter Bereich)VIII R 45/85, (gesicherter Bereich)BStBl. II 1990, 975).

Wie der Kläger in seinem Einspruchsschreiben selbst ausführe, habe er bei Abschluss des Vertrages in 1999 keine Bauabsichten gehabt, sondern das durch diesen Vertrag entstehende Kapital (gespartes Guthaben zzgl. zu erwartendes Bauspardarlehen) habe zur Tilgung anderer Darlehen eingesetzt werden sollen. Aus der Tatsache, dass der Kläger durch seinen handschriftlichen Vermerk den Bausparvertrag dem Objekt N-Straße in N zugeordnet habe, werde deutlich, dass der Bauspargedanke bei Abschluss des Bausparvertrages nicht im Vordergrund gestanden habe, sondern der Bausparvertrag gezielt zur Tilgung von Darlehen für dieses Objekt, welches der Kläger am 18.09.1998 erworben habe, vorgesehen gewesen sei. Der Vertrag stehe damit in direktem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem Objekt.

Die Rechtsprechung des BFH (Hinweis auf BFH-Urteil vom 08.10.1985 (gesicherter Bereich)VIII R 234/84, (gesicherter Bereich)BStBl. II 1986, 596 und vom 15.12.1987 (gesicherter Bereich)VIII R 281/83,(gesicherter Bereich)BStBl. II 1989, 16) stelle für den Werbungskostenabzug von Kreditkosten darauf ab, ob auf Dauer gesehen ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden könne. Liege diese Voraussetzung nicht vor, sei davon auszugehen, dass der Aufwand nicht in der Absicht geleistet worden sei, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Dies sei bei dem Kläger der Fall, da in den Steuererklärungen der Jahre 2000 bis 2008 der Kläger jeweils keine Einnahmen aus Kapitalvermögen aus Bausparguthaben erklärt habe. Demnach könne mit einem Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben aus dem Bausparguthaben nicht gerechnet werden.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründung tragen die Kläger vor, die Abschlussgebühren für den Bausparvertrag seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Außerdem würden sie begehren, die Vorsteuerabzugsbeträge aus dem Erwerb der Objekte B.F. als Betriebsausgaben zuzulassen.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 01.08.2008 sowie der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1997 vom 03.06.2005, zum 31.12.1998 vom 01.08.2005 und zum 31.12.1999 vom 27.06.2005 sowie der Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011 für die Jahre 1997 und 1998 Vorsteuerbeträge in Höhe von 40.956,52 DM (für 1997) und 53.793,10 DM (für 1998) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen und bei der Verlustfeststellung 1999 die Abschlussgebühr in Höhe von 6.720 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vom Finanzamt vorgelegten Steuerakten einschließlich der Prüferhandakten verwiesen. Außerdem wird auf den Beschluss des Senats vom 12.03.2013 8 V 3165/12 E zu der von den Klägern beantragten Aussetzung der Vollziehung zur Einkommensteuer 1997 – 1999 Bezug genommen.

In dem vorliegenden Klageverfahren hat der Senat am 20.02.2014 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift hierüber wird Bezug genommen.

Gründe:

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, sowohl die Vorsteuerbeträge in Höhe von 40.956,52 DM (für 1997) und in Höhe von 53.793,10 DM (für 1998) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als auch im Streitjahr 1999 die Abschlussgebühr in Höhe von 6.720 DM für den Abschluss eines Bausparvertrages als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.

Das Finanzamt hat hinsichtlich der o. a. Vorsteuerbeträge in der Einspruchsentscheidung vom 11.01.2011 zutreffend ausgeführt, dass die Vereinfachungsregel gemäß § 9 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG in der bis 2001 geltenden Fassung nicht anwendbar ist, denn Voraussetzung hierfür ist die Verwendung eines von einem Unternehmer für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstandes oder von ihm in Anspruch genommenen sonstigen Leistungen zur Ausführung sowohl von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, als auch von Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG-Kommentar, 2001, § 9 b Rdn. 11). Im Streitfall ist § 9 b EStG nicht anwendbar, da nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 08.03.2007 (gesicherter Bereich)5 K 1992/03 U ein Vorsteuerabzug für die 1997 und 1998 erworbenen gewerblichen Einheiten generell ausscheidet.

Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung gemeint haben, dass – da die Frage des Rechtsmissbrauchs hinsichtlich des Vorsteuerabzugs nur bei der Umsatzsteuer und nicht bei der Einkommensteuer von Bedeutung sei – die von ihnen gezahlte Vorsteuer bei der Einkommensteuer losgelöst von § 9 b EStG als Werbungskosten abziehbar sei, ist diese Auffassung nicht zutreffend.

Zum Einen trifft bereits die Aussage der Kläger nicht zu, die vom Kläger nachträglich vom Verkäufer B.F. in Rechnung gestellten Umsatzsteuer-Beträge seien vom Kläger gezahlt worden. Denn der Kläger hat hinsichtlich der ihm im Jahre 2002 nachträglich in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 40.956,52 DM bzw. 53.793,10 DM keine gesonderten Zahlungen an Herrn B.F. geleistet. Die o. a. Umsatzsteuer-Beträge sind vielmehr aus den vom Kläger bereits in 1997 bzw. in 1998 geleisteten Kaufpreisen lediglich rechnerisch heraus gerechnet worden, indem der Verkäufer in seinen korrigierten Rechnungen die vom Kläger bereits geleisteten Kaufpreise jeweils in Nettobeträge und in Umsatzsteuerbeträge aufgeteilt hat.

Zum Anderen kommt es nach Auffassung des Senates gerade für die einkommensteuerrechtliche Frage, in welchem Umfang in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge vom Rechnungsempfänger als Anschaffungskosten oder als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 b EStG an. § 9 b EStG regelt das Verhältnis der Einkommensteuer zur Umsatzsteuer und verhindert deren doppelten Abzug (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 9 b Rdn. 1). Wenn der Gesetzgeber daneben auch aus anderen Gründen die vom Leistungsempfänger gezahlten Umsatzsteuerbeträge einkommensteuerrechtlich als Werbungskosten hätte berücksichtigen wollen, hätte er eine entsprechende von § 9 b EStG abweichende Vorschrift schaffen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Auch soweit der Kläger geltend macht, die Abschlussgebühr in Höhe von 6.720 DM für den am 30.07.1999 mit der … Bausparkasse AG geschlossenen Bausparvertrag Nr. xxw sei als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, ist die Klage nicht begründet.

Schuldzinsen und andere Kreditkosten sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, soweit sie mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 EStG).

Werbungskosten bei dieser Einkunftsart sind demnach die Kosten für Kredite, deren Valuta zum Erwerb oder zur Schaffung einer Kapitalanlage im Sinne des § 20 EStG verwandt wird. Die Abschlussgebühr für einen Bausparvertrag kann sonstiger Kreditaufwand sein. Aus ihr bestreitet die Bausparkasse die Werbe- und Abschlusskosten (BFH-Urteil vom 24.07.1990 (gesicherter Bereich)VIII R 45/85, (gesicherter Bereich)BStBl. II 1990, 975).

Die Zinsen aus einem Bausparvertrag sind Einnahmen aus Kapitalvermögen, denn die Bauspareinlagen sind Guthaben bei Kreditinstituten (§ 1 Abs. 1 des Bausparkassengesetzes) und daher Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Dem steht nicht entgegen, dass der Zinssatz für Bauspareinlagen durchweg unter dem Kapitalmarktzins liegt. Das schließt es nicht aus, dass in Einzelfällen für den Abschluss eines Bausparvertrages der Sparzweck bestimmend ist. Das ist dann der Fall, wenn ein anderer steuerrechtlich beachtlicher Zweck nicht in Betracht kommt und die Erwartung einer – wenn auch bescheidenen – Rendite aus einem Bausparguthaben im Vordergrund steht (BFH-Urteil vom 24.07.1990 (gesicherter Bereich)VIII R 45/85, (gesicherter Bereich)BStBl. II 1990, 975 m. w. N.). Dabei genügt es, wenn die Absicht, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nur ein Nebenzweck ist (vgl. auch § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Bei einem Bausparvertrag wird das Sparen allerdings in der Regel lediglich Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erlangung eines Bauspardarlehens und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein. Zweck des Vertragsabschlusses ist dann die Erlangung eines Baudarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Zurechnung der Bausparzinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ist in diesem Fall nach § 20 Abs. 3 EStG ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 08.02.1983 (gesicherter Bereich)VIII R 163/81, (gesicherter Bereich)BStBl. II 1983, 355 m. w. N.), vgl. zum Vorstehenden BFH-Urteil vom 08.12.1992 (gesicherter Bereich)VIII R 78/89, (gesicherter Bereich)BStBl. II 1993, 301.

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist hier die Berücksichtigung der Abschlussgebühr für den o. a. Bausparvertrag nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil der Zweck des Vertragsabschlusses die Erlangung eines Baudarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist. Aus dem hier vorliegenden Sachverhalt ergibt sich, dass die Sparkasse N dem Kläger zur Finanzierung des Kaufpreises und der Nebenkosten für das Grundstück N-Straße in N in Höhe von insgesamt 423.573,62 DM ein Darlehen in Höhe von 420.000 DM gewährt hat, wobei sich der Kläger in dem Darlehensvertrag zur Ansparung eines Bausparvertrages verpflichtete. Bei diesem Bausparvertrag handelt es sich um den Bausparvertrag Nr. xxw über eine Bausparsumme in Höhe von 420.000 DM. Die Rechte aus diesem Bausparvertrag mit der … Bausparkasse AG hatte sich die Sparkasse in dem Darlehensvertrag mit dem Kläger zur Sicherheit abtreten lassen.

Hieraus ergibt sich, dass der o. a. Bausparvertrag Finanzierungszwecken für das Objekt N-Straße in N dienen sollte. Dieses Objekt diente dem Kläger jedoch nicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, weil der Kläger dieses Objekt seinen Eltern unentgeltlich zur Nutzung überließ.

Hieraus folgt, dass § 20 Abs. 3 EStG der Erfassung der Guthabenzinsen aus dem Bausparvertrag und der damit zusammenhängenden Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht entgegensteht.

Die Guthabenzinsen sind unter der Voraussetzung, dass aus dem Bausparvertrag ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann, bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen. Diese Voraussetzung ist allerdings – wegen der niedrigen Guthabenzinsen – regelmäßig nur dann erfüllt, wenn das Bausparguthaben nicht durch einen Auffüllungskredit fremdfinanziert ist. Die bei Fremdfinanzierung zu zahlenden Schuldzinsen schließen bei marktüblichen Konditionen eine Rendite aus dem Bausparguthaben aus (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1992 (gesicherter Bereich)VIII R 78/89(gesicherter Bereich)BStBl. II 1993, 301).

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen, denen der Senat folgt, konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger hinsichtlich des am 30.07.1999 mit der … Bausparkasse AG vereinbarten Bausparvertrages Nr. xxw eine Einkunftserzielungsabsicht hatte.

Der Senat hat bereits in seinem für die Streitjahre ergangenen Beschluss zur Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 12.03.2013 8 V 3165/12 E darauf hingewiesen, dass der Kläger die Absicht, durch Abschluss von Bausparverträgen positive Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nicht dargelegt habe.

Der Berichterstatter hat die Kläger mit Schreiben vom 04.07.2013, vom 13.08.2013 und sodann mit Schreiben vom 19.11.2013 unter Fristsetzung gemäß § 79 b Abs. 2 FGO bis zum 17.12.2013 gebeten, sich mit den Ausführungen des Senats im o. a. AdV-Beschluss vom 12.03.2013, u. a. zum Streitpunkt „Werbungskostenabzug aus den Bausparverträgen (Abschlusskosten)“, auseinanderzusetzen, und ggf. ergänzende Erläuterungen zu machen und geeignete Belege vorzulegen. Dies haben die Kläger nicht getan. Hierzu hätten die Kläger im Einzelnen darlegen und nachweisen müssen, welche monatliche Einzahlungen in der beabsichtigten Laufzeit des Vertrages der Kläger in den Bausparvertrag leisten wollte und konnte, und welche Zinsen er hierfür erwarten konnte. Außerdem hätten sie die Belege über die erfolgten Einzahlungen auf dem Bausparkonto dem Gericht vorlegen können und müssen.

Es reicht insoweit nicht aus, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich behauptet hat, dass es sein Plan gewesen sei, 40 % der Bausparsumme anzusparen und er dann das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, um mit der Bausparsumme in Höhe von 420.000 DM den Sparkassenkredit abzulösen, und dass bei einer solchen Konstellation davon auszugehen sei, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form von Zinsen erzielt werden sollten.

Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Bausparvertragstarife, die von den verschiedenen Bausparkassen angeboten werden, ist zwar grundsätzlich nicht von vornherein die Annahme der Kläger unplausibel, dass dann, wenn die Kläger 40 % auf die Bausparsumme von 420.000 DM, also 168.000 DM, in der vorgesehen Laufzeit des Bausparvertrages eingezahlt hätten, er insgesamt Zinseinnahmen gehabt hätten, die die Abschlussgebühr in Höhe von 6.720 DM überstiegen hätten. Die von den Bausparkassen angebotenen Bausparvertragstarife unterscheiden sich zum Einen hinsichtlich der Länge der Ansparphase und zum Anderen sehr deutlich darin, ob der Bausparer auf hohe Guthabenzinsen, einen niedrigen Sollzinssatz bei dem angestrebten Bauspardarlehen, kurze Tilgungsdauer oder niedrige Rückzahlungsraten Wert legt.

Angesichts des Umstandes, dass es für den Kläger darauf ankam, mit dem angestrebten Bauspardarlehen das Sparkassendarlehen in Höhe von 420.000 DM zurückzuzahlen, spricht jedoch alles dafür, dass der Kläger bei Abschluss des Bausparvertrages nicht auf hohe Guthabenzinsen in der Ansparphase, sondern auf niedrige Darlehenszinsen in der Rückzahlungsphase Wert legte. Welche Laufzeit in der Ansparphase der Bausparvertrag mit der … Bausparkasse AG Nr. xxw hatte und welche Tarifvariante diesem Bausparvertrag zugrunde liegt, war für den Senat zwar nicht feststellbar, weil die Kläger den entsprechenden Bausparvertrag nicht vorgelegt haben. Fest steht indes, dass der Kläger die Bausparsumme einsetzen wollte, um das Darlehen bei der Sparkasse zu tilgen, der Abschluss des Bausparvertrags mithin letztlich dem Erwerb von selbstgenutztem (d. h. den Eltern des Klägers unentgeltlich zur Verfügung gestellten) Wohnungseigentums diente.

Hiervon unabhängig ist für den Senat auch nicht nachvollziehbar, wie es der Kläger erreichen wollte, mit monatlichen Einzahlungen in Höhe von 352 DM auf das Bausparkonto innerhalb von 15 Jahren, die von ihm geplanten Einzahlungen in Höhe von 168.000 DM auf das Bausparkonto zu leisten. Von 15 Jahren Laufzeit ist deshalb auszugehen, weil bei dem Sparkassendarlehen über 420.000 DM der Zinssatz bis zum 30.12.2013 festgeschrieben war. Denn bei gleichbleibenden Einzahlungsraten hätte der Kläger dann in 15 Jahren lediglich insgesamt 63.360 DM (= 352 DM × 12 Monate × 15 Jahre) auf dem Bausparkonto eingezahlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Normen:

EStG:9/1/3/3  EStG:20  EStG:9b

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Eine Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG scheidet aus, wenn von Todes wegen ein Grundstück mit einem nicht bezugsfertigen Gebäude erworben wird. Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG erfüllt sind, ist entscheidend auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer abzustellen (BFH, Urteil v. 11.12.2014 – II R 30/14; veröffentlicht am 4.2.2015).

Hintergrund: Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs sind bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile mit 90 % ihres Werts anzusetzen, wenn sie zu Wohnzwecken vermietet werden, im Inland, in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem EWR-Staat belegen sind und nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i. S. des § 13a ErbStG gehören (§ 13c Abs. 1 und 3 ErbStG).

Sachverhalt: Der Kläger ist Alleinerbe der verstorbenen Erblasserin (E). Zum Nachlass gehörten u.a. Miteigentumsanteile an zwei Grundstücken, die der Kläger und E im Mai 2011 erworben hatten. Nach dem Abbruch der dort befindlichen Gebäude ließen sie auf den Grundstücken zwei neue Einfamilienhäuser errichten, die nach den Angaben des Klägers vermietet werden sollten. Die Gebäude waren zum Zeitpunkt des Ablebens der E noch im Rohbauzustand und nicht bezugsfertig. Mit Einspruch gegen die festgesetzte Erbschaftsteuer, begehrte der Kläger u.a. die Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG für den Erwerb der Miteigentumsanteile an den Grundstücken.

Hierzu führte das Gericht weiter aus:

  • Die vom Kläger durch Erbanfall erworbenen Miteigentumsanteile an den Grundstücken sind nicht mit einem nach § 13c Abs. 1 ErbStG verminderten Wert anzusetzen.
  • Auch wenn ein ausdrücklicher Verweis auf § 180 BewG, der eine Begriffsbestimmung für das bebaute Grundstück enthält, in § 13c ErbStG fehlt, ist es gerechtfertigt, den Begriff des bebauten Grundstücks i. S. des § 13c Abs. 3 ErbStG unter entsprechender Anwendung des § 180 BewG festzulegen.
  • Bebaute Grundstücke sind danach solche, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden. Noch zu bebauende Grundstücke werden von der Steuerbegünstigung nicht erfasst.
  • Wird auf einem Grundstück ein Gebäude neu errichtet, liegt ein bebautes Grundstück vor, wenn das Gebäude benutzbar ist, was der Bezugsfertigkeit entspricht.
  • Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen des verminderten Wertansatzes nach § 13c ErbStG erfüllt sind, ist entscheidend auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer abzustellen.
  • Die Erbschaftsteuer entsteht bei Erwerben von Todes wegen regelmäßig mit dem Tode des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
  • Da die Grundstücke zum Zeitpunkt des Ablebens der E wegen der fehlenden Bezugsfertigkeit der Gebäude noch nicht bezugsfertig und damit nicht bebaut waren, kommt eine Anwendung des § 13c ErbStG nicht in Betracht.

Quelle: NWB Datenbank

 

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Der BFH hat entschieden, dass auch regelmäßige Fahrten eines Betriebsinhabers zwischen seinem häuslichen Büro und dem Sitz seines einzigen Auftraggebers „Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte“ darstellen. In derartigen Fällen werden die Fahrtkosten einkommensteuerlich in Höhe fester Beträge abgesetzt („Entfernungspauschale“); auf die Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten kommt es hingegen nicht an (BFH, Urteil v. 22.10.2014 – X R 13/13; veröffentlicht am 4.2.2015).

Hintergrund: Zur Abgeltung der Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Sätze 1 und 2 EStG u.a. die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (Entfernungspauschale) entsprechend anzuwenden.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob für regelmäßige Fahrten eines Betriebsinhabers zu seinem einzigen Auftraggeber die tatsächlichen Kosten oder die Entfernungspauschale anzusetzen sind.

Hierzu führte das Gericht weiter aus:

  • Der X. Senat hat an der bisherigen Rechtsprechung der für die Gewinneinkünfte zuständigen Senate zum Begriff der „Betriebsstätte“ festgehalten.
  • Zugleich hat er sich von der – für Arbeitnehmer geltenden – Rechtsprechung des VI. Senats abgegrenzt, der in neueren Entscheidungen den Parallelbegriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ stark eingeschränkt hat.
  • Als Betriebsstätte ist bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmer, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, der Ort anzusehen, an dem er die geschuldete Leistung zu erbringen hat, in der Regel also der Betrieb des Auftraggebers.
  • Anders, als bei den betrieblichen Einrichtungen von Kunden eines Arbeitgebers, die nicht als regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers gelten und der Arbeitnehmer daher die tatsächlichen Kosten abziehen kann, hat der Kläger hat bei seinem Auftraggeber eine Betriebsstätte unterhalten.
  • Für Betriebsinhaber, die nur einen Auftraggeber haben und für ihre regelmäßigen Fahrten einen Pkw nutzen, bedeutet die Entscheidung für die Zeit bis einschließlich 2013 eine Einschränkung der Abzugsmöglichkeiten im Vergleich zu Arbeitnehmern, weil die tatsächlichen Pkw-Kosten die Entfernungspauschale übersteigen.

Quelle: NWB Datenbank und BFH, Pressemitteilung v. 4.2.2015

Anmerkung: Mit Wirkung ab dem 1.1.2014 hat der Gesetzgeber bereits auf die zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte ergangene Rechtsprechung des VI. Senats reagiert und in § 9 Abs. 4 EStG eine Definition des Begriffs der „ersten Tätigkeitsstätte“ festgeschrieben, die von den Grundsätzen der zwischenzeitlichen BFH-Rechtsprechung abweicht. Für Arbeitnehmer ist es damit – zunächst durch die Rechtsprechungsänderung des VI. Senats, danach durch die Gesetzesänderung – zu einer mehrfachen Änderung der Rechtslage gekommen. Für Betriebsinhaber hat die Entscheidung des X. Senats demgegenüber klargestellt, dass keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.

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Erhält der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich in geringem Umfang an ihr beteiligt ist, neben dem auf seine Anteile entfallenden Veräußerungspreis auch einen sog. „Exit-Bonus“ von anderen veräußernden Gesellschaftern, unterliegt dieser Erlös nicht dem Halbeinkünfteverfahren (FG Münster, Urteil v. 12.12.2014 – 4 K 1918/13 E).

Hintergrund: Der Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG umfasst alles, was der Veräußerer für die Anteile vom Erwerber als Gegenleistung erhält (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 33. Aufl., § 17 Rdnr. 135 m.w.N.). Zwischen der Veräußerung der Kapitalbeteiligung und dem Preis muss ein kausaler Zusammenhang bestehen.

Sachverhalt: Der Kläger war als Geschäftsführer einer Holding-GmbH tätig. Im Rahmen eines „Management-Buy-Outs“ erwarben Finanzinvestoren im Jahr 2003 (mittelbar) sämtliche Anteile an dieser und beteiligten den Kläger und weitere Geschäftsführer von Tochtergesellschaften als Minderheitsgesellschafter. Nach in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen sollten die beteiligten Manager, darunter der Kläger, im Falle eines Verkaufs der Holding-Anteile am Veräußerungserlös der Finanzinvestoren beteiligt werden. Die Höhe dieses „Exit-Bonus“ richtete sich nach den Ergebnissen derjenigen Gesellschaft, für die der jeweilige Manager tätig war. Im Jahr 2006 veräußerten sowohl die Finanzinvestoren als auch die Minderheitsgesellschafter sämtliche Holding-Anteile an einen Dritten. Das Finanzamt behandelte den auf die Beteiligung des Klägers entfallenden Erlös als hälftig steuerfreien Veräußerungsgewinn und den „Exit-Bonus“ als Arbeitslohn. Der Kläger vertrat demgegenüber die Ansicht, dass auch der Bonus als „disquotaler Veräußerungsgewinn“ dem Halbeinkünfteverfahren unterliege. Dem folgte das Finanzgericht nicht und wies die Klage weitgehend ab.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Der „Exit-Bonus“ stellt einen in vollem Umfang steuerpflichtigen Ertrag und keinen Veräußerungserlös dar.
  • Der Kläger hat diese Zahlung nicht als Veräußerungspreis für seine Beteiligung erhalten, sondern allein wegen der Veräußerung der Anteile der Mehrheitsgesellschafter.
  • Dies ergibt sich aus den Vereinbarungen, wonach für den „Exit-Bonus“ eine Veräußerung der eigenen Beteiligung des Klägers nicht erforderlich gewesen wäre.
  • Ein disquotaler Veräußerungspreis ist zudem gar nicht vorstellbar, weil der Kläger keinen höheren (disquotalen) Anspruch gegen den Erwerber hatte, sondern gegen andere Gesellschafter.

Anmerkung: Der Senat ließ offen, ob der „Exit-Bonus“ als Arbeitslohn oder als Einnahme aus sonstiger selbstständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu behandeln sei, da in beiden Fällen dieselben steuerlichen Auswirkungen einträten. Der Betrag sei aber als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern. Nur insoweit hatte die Klage Erfolg.

Quelle: FG Münster, Newsletter 1/2015

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen, da es mit seiner Entscheidung allgemein anerkannten und höchstrichterlich geklärten Rechtsgrundsätzen, die auf den vorliegenden Einzelfall angewandt wurden, gefolgt sei. Den Test der Entscheidung des Finanzgerichts finden Sie auf dessen Internetseiten. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

 

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Wurde mit einem Firmenfahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 41 km/h überschritten und wirkt der Halter bei der Ermittlung des Fahrers nicht ausreichend mit, kann ihm für die Dauer von 12 Monaten eine Fahrtenbuchauflage auferlegt werden (Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss v. 22.1.2015 – 3 L 22/15.NW).

Sachverhalt: Die Antragstellerin ist eine Firma und Halterin eines von 31 auf sie zugelassenen PKW. Mit einem der Fahrzeuge wurde im Februar 2014 auf der BAB 45 Richtung Dortmund innerhalb einer Baustelle die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h  überschritten. Auf dem Beweisfoto war als verantwortlicher Fahrzeugführer ein Mann abgebildet. In dem unmittelbar danach eingeleiteten Bußgeldverfahren suchten Beamte der Polizeiinspektion Speyer fünfmal die Adresse der Antragstellerin auf, um den Fahrer ausfindig zu machen. Letztlich ließ sich der Fuhrparkleiter der Firma dahin ein, nicht zu wissen, wer der Fahrer des Fahrzeugs gewesen sei. Nach Einstellung des Bußgeldverfahrens durch die Polizei gab die Stadt Speyer der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung eines Fahrtenbuches für die Dauer von 12 Monaten für insgesamt 31 Firmen-PKW sowie für Ersatzfahrzeuge auf. Der hiergegen gerichtete Eilantrag hatte keinen Erfolg.

Hierzu führte das VG Neustadt u.a. weiter aus:

  • Die Fahrtenbuchauflage ist recht- und verhältnismäßig.
  • In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein kann.
  • Ist der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge, so dürften diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Behörde mit in die Fahrtenbuchauflage einbezogen werden, wenn aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters auch mit anderen Fahrzeugen einschlägige Zuwiderhandlungen naheliegend und zu erwarten sind.
  • Dies ist hier der Fall, weil es bereits in der Vergangenheit mehrmals zu Verkehrsverstößen mit auf die Antragstellerin zugelassenen Kraftfahrzeugen gekommen ist, die nicht aufgeklärt werden konnten.
  • Dass die Antragstellerin den für den jeweiligen Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrer des in Rede stehenden Fahrzeugs nicht benannt hat, lag daran, dass sie nicht die zumutbaren und erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen hat, um eine Übersicht über die Benutzung ihrer Firmenfahrzeuge zu gewährleisten.
  • Bei einem Fuhrpark von Firmenfahrzeugen, die unterschiedlichen Personen überlassen werden, muss die Geschäftsleitung zumindest in der Lage sein, der Bußgeldbehörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden kann. Dies war vorliegend nicht der Fall.
  • Soweit sich die Antragstellerin auf eine „Reorganisation des Fuhrparkmanagements“ beruft, bestehen massive Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit dieser Maßnahme.
  • Denn trotz der Reorganisation war die Antragstellerin nicht in der Lage, den für einen Rotlichtverstoß im Juli 2014 verantwortlichen Fahrer, dem das Fahrzeug angeblich seit Februar 2011 konstant zugeordnet war, in dem ihr von der Bußgeldstelle zugesandten Zeugenfragebogen zu benennen.

Quelle: VG Neustadt, Pressemitteilung v. 29.1.2015

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BMAS, Pressemitteilung vom 30.01.2015

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, hat sich am 30.01.2015 mit ihrem polnischen Amtskollegen, Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, in Berlin zu einem Gespräch über die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland getroffen.

Zur Klärung der Frage, ob die Anwendung des Mindestlohns auf den reinen Transit durch Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist, hat die EU-Kommission am 21. Januar ein sog. Pilotverfahren eingeleitet.

Bundesministerin Andrea Nahles begrüßt dieses Verfahren, an dem Deutschland freiwillig teilnimmt, ausdrücklich: „Es ermöglicht uns, in einem überschaubaren Zeitraum die unterschiedlichen Rechtsauffassungen aufzuarbeiten. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass aus Sicht der Bundesregierung die derzeitige Regelung konform mit EU-Recht ist und wir dies auch in dem Pilot-Verfahren deutlich machen werden.“

Die europarechtlichen Fragen bezogen auf die Anwendung des Mindestlohns im Transitbereich sollen in Ruhe geklärt werden. Um den geeigneten Rahmen für diese Gespräche und die Klärung offener Fragen zu schaffen, haben sich Deutschland und Polen auf folgende Übergangslösung geeinigt.

Die Kontrollen durch die staatlichen Behörden zur Überprüfung des Mindestlohngesetzes – begrenzt auf den Bereich des reinen Transits – werden für den Zeitraum bis zur Klärung der europarechtlichen Fragen zur Anwendung des Mindestlohngesetzes auf den Verkehrsbereich ausgesetzt. Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Mindestlohngesetz werden nicht eingeleitet. Sollten Verfahren eventuell bereits eingeleitet worden sein, werden diese eingestellt. Solange die europarechtlichen Fragen zur Anwendung des Mindestlohngesetzes auf den Verkehrsbereich geprüft werden, sind Meldungen bzw. Einsatzplanungen für den reinen Transitbereich sowie Aufzeichnungen auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes bzw. der entsprechenden Verordnungen nicht abzugeben bzw. zu erstellen.

Diese Aussetzung gilt jedoch nicht für den Bereich der sog. Kabotagebeförderung und nicht für den grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- oder Entladung in Deutschland. Diese Übergangslösung gilt so lange, bis die europarechtlichen Fragen bezogen auf die Anwendung des Mindestlohns im Transitbereich geklärt sind.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BMAS.

Quelle: BMAS